11.08.2020 - Kategorie "Insolvenzverfahren"

Eisenmann: Investorenprozess vor dem Abschluss

Eisenmann: Kein Investor für den Anlagenbau

Der Investorenprozess für die Eisenmann-Gruppe befindet sich in der Endphase.


Für die Mehrzahl der Geschäftseinheiten stehen Investorenlösungen in Aussicht; vier Kaufverträge wurden bereits unterzeichnet. Es zeichnet sich aber ab, dass eine vollständige Veräußerung des Eisenmann-Kerngeschäfts – der Bau neuer Lackieranlagen – nicht möglich sein wird.

 

„Der Verlauf des Verkaufsprozesses der Eisenmann-Gruppe hat eine schon fast tragische Dimension“, sagte Joachim Exner, Insolvenzverwalter der Eisenmann SE, heute am Sitz des Unternehmens in Böblingen. „Eisenmann ist einer der weltweiten Technologie- und Innovationsführer in seiner Branche. Ohne die Corona-Pandemie befände sich die Eisenmann-Gruppe bereits im Besitz eines strategischen Investors, und ein Großteil der Arbeitsplätze wäre gerettet.“ Mitte Februar 2020 war eine Investorenlösung für die gesamte Gruppe zum Greifen nahe: Sämtliche Verträge und der Kaufpreis waren ausverhandelt. Die Unterschriften sollten im Frühjahr erfolgen.

 

Während des Verkaufsprozesses für die Eisenmann-Gruppe war seit Herbst letzten Jahres der weltweite Investorenmarkt nachhaltig geprüft worden. Rund 300 potenzielle Käufer wurden in einem strukturierten M&A-Prozess angesprochen. Zurzeit befindet sich der Insolvenzverwalter noch mit 26 Interessenten in Verhandlungen.

 

Alle Interessenten für den Geschäftsbereich Lackieranlagenbau haben darauf hingewiesen, dass die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie es unmöglich machen, die Umsatz- und Ertragsentwicklung für die nächsten zwei Jahre seriös zu planen. Zudem bestünde die Gefahr eines zweiten Lockdowns, der die weltweiten Märkte nochmals empfindlich treffen würde. Aktuell geht kein potenzieller Investor davon aus, dass in den nächsten Jahren eine nennenswerte Anzahl neuer Lackieranlagen-Projekte vorhanden sein wird; dieser Markt sei nahezu komplett eingebrochen. Zum Hintergrund: Lackieranlagen für die Automobilindustrie haben einen Auftragswert von bis zu 250 Mio. Euro. Das Geschäft mit dem Neubau von Lackieranlagen stellt jedoch den Kern der Tätigkeit der Eisenmann Anlagenbau dar, sodass ein massiver Personalabbau unumgänglich ist.

 

Exner hat heute die Mitarbeiter über den Stand der Dinge informiert. Die rd. 650 Arbeitnehmer, die nach jetzigem Stand vom Arbeitsplatzabbau betroffen sein werden, müssen sich jedoch nicht sofort arbeitslos melden. Stattdessen erhalten sie das Angebot, in eine sogenannte Qualifizierungsgesellschaft zu wechseln, in der die Mitarbeiter für weitere gut drei Monate bis zum 8. Dezember weiterbeschäftigt werden können und währenddessen 75 Prozent ihres letzten Nettoentgeltes erhalten. Zusätzlich werden die Mitarbeiter in dieser Zeit bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz unterstützt.

 

Insolvenzverwalter Exner versucht aber weiter, zumindest für einen Teil des Kern-Geschäftsbereichs Lackieranlagenbau („Paint & Assembly“) eine Investorenlösung zu verhandeln.

 

Bereits im Mai hatten sich Insolvenzverwaltung, Gläubigerausschuss und Geschäftsleitung angesichts der schwierigen Lage entschieden, nicht mehr alleine auf den Verkauf von Eisenmann als Ganzes („große Lösung“) zu setzen. Stattdessen wurde parallel ein alternatives Veräußerungskonzept verfolgt, mit dem die Eisenmann-Geschäftsbereiche auch einzeln angeboten wurden („kleine Lösung“).

 

Infolgedessen ist es dem Insolvenzverwalter bereits gelungen, folgende Tochterunternehmen bzw. Geschäftseinheiten zu veräußern:


Anfang August wurde die Eisenmann Software-Tochtergesellschaft ENisco auf die Firma Forcam GmbH, ein Unternehmen des SAP-Gründers Dietmar Hopp, übertragen, die rd. 50 ENisco-Mitarbeiter weiterbeschäftigt.


Zudem wurde am 07.08.2020 der Kaufvertrag für den Eisenmann-Bereich Conveyor Systems unterzeichnet. Conveyor Systems konstruiert und baut Hochleistungs-Materialflussanlagen. Der Übernehmer bietet rund 70 Mitarbeitern eine neue berufliche Heimat.


Für die Geschäftsbereiche Application Technology (Oberflächenveredlung und Dichtungs-anwendung in Lackieranlagen; ca. 100 Mitarbeiter in Deutschland) und Environmental Technology (industrielle Umwelttechnologie; ca. 50 Mitarbeiter in Deutschland) befinden sich die Verkaufsgespräche in einem fortgeschrittenen Stadium. Zum Stand oder zu Details der laufenden Investorenprozesse können aufgrund gegenseitiger Verschwiegenheitsverpflichtungen keine Informationen an die Öffentlichkeit gegeben werden.


Bereits im Januar 2020 konnte Exner den Geschäftsbetrieb der Firma Eisenmann Thermal Solution GmbH & Co. KG mit rund 200 Mitarbeitern an die Firma Onejoon GmbH veräußert. Die nicht von der Insolvenz betroffene Tochtergesellschaft Eisenmann inec GmbH & Co. KG wurde ebenfalls im Januar an die Firma SAMES KREMLIN GmbH verkauft. Dadurch konnten weitere 85 Arbeitsplätze erhalten bleiben.

 

 

 

 

Kurzporträt Kanzlei Dr. Beck & Partner:

Die Kanzlei Dr. Beck & Partner GbR zählt mit 8 Insolvenzverwaltern und mehr als 150 Mitar-beitern an 8 Standorten in Bayern zu den führenden deutschen Insolvenzverwaltungs-Kanz-leien. In den vergangenen Jahren hat die Kanzlei zahlreiche namhafte Unternehmensinsol-venzverfahren, darunter auch Konzerninsolvenzen mit internationalem Bezug, betreut. Joachim Exner verfügt über besondere Erfahrung insbesondere bei der Sanierung von mit-telständischen Unternehmensgruppen, z.B. Scherer & Trier, Neumayer-Tekfor, Jakob Gruppe, Loewe und Metz. Exner ist Mitglied des Gravenbrucher Kreises, des Zusammenschlusses der führenden deutschen Insolvenzverwalter. Weitere Informationen unter: www.ra-dr-beck.de

 


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