07.11.2013 - Kategorie "Insolvenzverfahren"

"Der Gesellschafter ist eine relative Größe“

Erfolgreicher Start des Frankfurter Restrukturierungsforums

Erfolgreicher Start des Frankfurter Restrukturierungsforums


Das erste Frankfurter Restrukturierungsforum war ein voller Erfolg. Die Auftaktveranstaltung am 31. Oktober 2013 überzeugte mit einer hochkarätigen Podiumsbesetzung: Alfred Hagebusch, Ottmar Hermann, Heinz Thünemann und Hans Joachim Weidtmann diskutierten über das Thema „Sanierung gegen den Willen des Gesellschafters?“. Rund 90 erfahrene Insolvenzverwalter, Sanierungsberater, Bankenvertreter, Turnaround-Investoren und weitere am Sanierungsprozess Beteiligte waren der Einladung zum Frankfurter Restrukturierungsforum gefolgt.


Eröffnet wurde das erste Frankfurter Restrukturierungsforum von Heinz Thünemann, geschäftsführender Gesellschafter der WP FORCE Solutions GmbH: Als erfahrener Interim Manager oder „Mietmanager, den man ausleihen kann“, wie er sich gern selbst nennt, plädierte er: „Das Ziel aller sollte es sein, eine möglichst werterhaltende Sanierung mit Zustimmung oder wenigstens Einbeziehung aller Gesellschafter zu erreichen“. Seiner Meinung sollte es die Ultima Ratio sein, gegen einen Gesellschafter zu agieren. In seinem Impulsreferat hob Thünemann drei Faktoren hervor, die bei der Sanierung von Gesellschaften von entscheidender Bedeutung sind: 1. Die optimale Vorbereitung der Sanierung. 2. Ein professionelles Insolvenzverwalterteam. 3. Das Einsetzen eines Restrukturierungsmanagers bzw. CRO, der mit Management, Gesellschaftern und Gläubigern zusammenarbeitet. Aber vor allem das Zusammentreffen aller drei Punkte und die Arbeit als Team seien die Erfolgsbeschleuniger bei einer Sanierung.

Dann waren die Teilnehmer der Podiumsdiskussion am Zuge. Das Podium – moderiert von Matthias Beck (Partner, Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) – war mit hochkarätigen Referenten besetzt: Alfred Hagebusch (Rechtsanwalt und Partner, Wellensiek Rechtsanwälte), Ottmar Hermann (Rechtsanwalt und Partner, HERMANN Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater) und Hans Joachim Weidtmann (Managing Director, Head of Group Intensive Care Corporates, Commerzbank AG).


Alfred Hagebusch ist davon überzeugt, dass es den typischen Gesellschafter nicht gibt. Das sei abhängig von der Situation und von der Gesellschaft als solches. Ein Private Equity-Gesellschafter agiere anders als ein Familienunternehmer, bei dem die emotionale Seite eine große Rolle spielt. Seiner Meinung nach ist der Gesellschafter jedoch nicht so entscheidend: „Der Gesellschafter ist eine relative Größe. Die entscheidenden Faktoren sind die Vorbereitung und Durchführung des Verfahrens.“


Auch Ottmar Hermann ist der Ansicht, dass es nicht das klassische Bild des Gesellschafters gibt. Es existierten verschiedene Situationen, in denen sich Gesellschafter befinden, und unterschiedliche Gesellschafterinteressen. Hermann versucht über Mediation zu arbeiten. Wenn das nicht funktioniere, gäbe es als letzte Möglichkeit die Option, den Gesellschafter herauszudrängen.

Hans Joachim Weidtmann geht bei allen Restrukturierungen zunächst grundsätzlich erst einmal davon aus, dass die Gesellschafter eine Sanierung wollen und auch unterstützen. Sollte dies im Einzelfall jedoch nicht zutreffen oder den Gesellschaftern nicht möglich sein, dann sei es im Interesse des Erhaltes des Unternehmens oder des Unternehmenswertes auch notwendig, alternative Wege zu finden. Dies könnte etwa durch das Hinzunehmen zusätzlicher Gesellschafter oder im schlechtesten Fall durch das Herbeiführen eines Gesellschafterwechsels erfolgen. „Eines darf man aber nie vergessen“, mahnt Weidtmann. „Natürlich kann man über das ESUG einen Gesellschafter herausdrängen. Aber man muss aufpassen, dass man am Ende noch jemanden hat, der die Rolle übernimmt.“

Seiner Ansicht nach gibt es durch das ESUG neue Tools in der Restrukturierung. Doch auch die Eigenverwaltung bleibt letztlich eine Insolvenz, ganz gleich, welcher Begriff dafür gewählt wird. Und eine Insolvenz vernichte Werte. Daher ist seine erste Priorität, außerhalb der Insolvenz zu restrukturieren. Die Möglichkeiten des ESUG nutzt er nur als „Plan B“, um festgefahrene Konstellationen aufzulösen. Das funktioniere aber nur, wenn alles sauber und sorgfältig vorbereitet sei. Wenn eine Insolvenz unumgänglich ist, dann ist die Commerzbank auch bereit, in den Gläubigerausschüssen mitzuwirken. „Die (Insolvenz-)Pläne werden vom Management bzw. Insolvenzverwalter gemacht, aber die Finanzierung kommt von den Gläubigern. Daher möchten wir gern eng dabei sein und Einfluss nehmen können im Sinne der Werterhaltung des Unternehmens“, erklärt Weidtmann.


Hermann musste durch die Eigenverwaltung ein neues Rollenverständnis für sich als erfahrener Insolvenzverwalter kennenlernen, da er „nicht mehr so schnell durchregieren kann“. Weil ein Sachwalter mehr eine überwachende Funktion hat, müsse seiner Ansicht nach eine Eigenverwaltung von einem restrukturierungserfahrenen Experten begleitet werden. Auch Hagebusch ist überzeugt: „Ohne insolvenzrechtliches Know-How im Managementteam ist eine Sanierung in Eigenverwaltung wenig erfolgversprechend.“ Aber Eigenverwaltungsverfahren sind nicht immer das Allheilmittel. Laut Hermann gibt es Fälle, die dafür geboren sind, andere Fälle sind jedoch gar nicht geeignet. Es müsse jeder Einzelfall genau geprüft werden.


Ein belastbares Sanierungsinstrument im Streitfall kann die Treuhandschaft sein. Als außergerichtliches Instrument habe sie sich zwar etabliert, so Hagebusch, aber sie macht nicht in allen Fällen Sinn und ist auch nicht immer einfach. Auch Weidtmann kann aus seiner Praxiserfahrung berichten, dass die Treuhandschaft nicht das Standardmittel ist und nur wenig eingesetzt wird.


Am Ende der Veranstaltung waren sich alle Referenten einig: Eine werterhaltende Sanierung in Zusammenarbeit mit dem Gesellschafter ist der bevorzugte Weg. Eine Sanierung gegen den Willen des Gesellschafters geht nur in der Insolvenz. 


Die Veranstalter des Frankfurter Restrukturierungsforums sind GSK Stockmann + Kollegen, Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und hww wienberg wilhelm. Dr. Markus Rasner, Rechtsanwalt und Partner am Frankfurter Standort von GSK Stockmann + Kollegen: „Als Veranstalter haben wir uns das Ziel gesetzt, Frankfurt um ein in dieser Form einzigartiges Format zu bereichern. Durch das ESUG wurden viele neue Fragestellungen aufgeworfen, die wir gemeinsam in diesen Runden diskutieren wollen.“ Auch Dr. Stefan Weniger, Rechtsanwalt und Partner bei hww wienberg wilhelm, ist überzeugt vom Restrukturierungsforum: „Die hohe Teilnehmerzahl hat uns gezeigt, dass wir mit unserer Veranstaltung und dem Thema genau richtig liegen.“ Matthias Beck blickt bereits in die Zukunft: „Im Frühjahr 2014 werden wir mit der nächsten Veranstaltung aufwarten.“ Mit seiner Auftaktveranstaltung hat das Frankfurter Restrukturierungsforum die bereits in München, Berlin und Düsseldorf in ähnlicher Form erfolgreich stattfindende Diskussionsreihe über Themen der Sanierung, Restrukturierung und Insolvenz fortgesetzt. Experten können das Forum zum Austausch von Ideen nutzen und über aktuelle Themen diskutieren.

Zielgruppe sind vor allem Insolvenzverwalter, Turnaround-Investoren, Wirtschaftsprüfer, Unternehmensberater, Kreditinstitute, Rechtsanwälte, Kreditversicherer, Steuerberater und Gewerkschaftsvertreter.

 

 

 


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