Anleger von Wirecard haben keinen Schadensersatzanspruch gegen die BaFin
Die für Amtshaftungen zuständige 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main hat heute in vier Verfahren über Klagen von Anlegern der Wirecard-Aktien gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verhandelt und die Klagen abgewiesen.
Die Kläger hatten sich vor dem sog. Wirecard-Skandal als Aktionäre an der Wirecard-AG beteiligt. Infolge der Insolvenz des Unternehmens im Juni 2020 erlitten sie erhebliche Verluste. Die Kläger haben nun von der BaFin Schadensersatz in unterschiedlicher Höhe von rund dreitausend Euro bis rund sechzigtausend Euro verlangt. Sie sind der Meinung, die beklagte BaFin habe die Marktmanipulationen von Wirecard nicht verhindert und die Öffentlichkeit nicht ausreichend informiert. Hinweisen auf Gesetzesverstöße der Wirecard AG sei die Behörde nicht ausreichend nachgegangen.
Die Richter der Amtshaftungskammer des Landgerichts haben in der
heutigen Verhandlung ausgeführt, dass Schadensersatzsprüche von Anlegern
gegen die BaFin im Wirecard-Skandal nicht bestehen. Nach den
ausdrücklichen gesetzlichen Vorschriften nehme die BaFin ihre Aufgaben
und Befugnisse ausschließlich im öffentlichen Interesse wahr, nicht aber
im Interesse einzelner Anleger. „Eine etwaige Verletzung von
Amtspflichten der BaFin kann deswegen nicht zu einer Ersatzpflicht
gegenüber einem geschädigten Anleger führen. Es besteht kein sogenannter
Drittschutz“, erklärte der Vorsitzende.
Die schriftlichen Gründe
der heute verkündeten Urteile (zu Az.: 2-04 O 65/21, 2-04 O 531/20,
2-04 O 561/20, 2-04 O 563/20) werden in den nächsten Wochen vorgelegt
werden. Mit ihren Urteilen ist die Amtshaftungskammer des Landgerichts
Frankfurt am Main einer bereits am 5.11.2021 ergangenen Entscheidung der
8. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main (Az.: 2-08 O 98/21)
gefolgt. Die 8. Zivilkammer hatte eine Klage eines Anlegers von
Wirecard-Aktien gegen die BaFin ebenfalls abgewiesen.
Die Entscheidungen werden in der Landesrechtsprechungsdatenbank veröffentlicht werden. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung der 8. Zivilkammer ist Berufung eingelegt worden. Die Urteile der 4. Zivilkammer können ebenfalls mit der Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main angefochten werden.
Die Amtshaftungskammer des Landgerichts Frankfurt am Main hatte ursprünglich vorgesehen, heute über rund weitere 60 Verfahren von Wirecard-Anlegern gegen die BaFin zu verhandeln. Die Kanzlei, welche diese weiteren Anleger vertritt, hat jüngst einen Antrag auf Terminsverlegung gestellt. Ihm wurde nicht stattgegeben. Daraufhin haben diese Anwälte der Anleger einen Befangenheitsantrag gegen die Richter der Kammer gestellt.
Zur Erläuterung
§ 4 Abs. 4 Finanzdienstleistungsgesetz lautet: Die Bundesanstalt
nimmt ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahr.
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