15.05.2020 - Kategorie "Insolvenzverfahren"

Deutsche Recylex-Gruppe beantragt Schutzschirmverfahren

Harz-Metall GmbH: Sanierung durch Insolvenz in Eigenverwaltung

Dentons, FPS und Arndt Geiwitz begleiten Restrukturierung an deutschen Standorten


Die deutschen Gruppen-Unternehmen des französisch-deutschen Recylex-Konzerns, Weser-Metall GmbH, Harz-Metall GmbH, Norzinco GmbH und PPM Pure Metals GmbH haben jeweils beim Insolvenzgericht Göttingen Schutzschirmverfahren nach § 270 b Abs. 1 Satz 1 InsO beantragt. Für die drei weiteren deutschen Gesellschaften der Recylex-Gruppe wurde Eigenverwaltung unter Gläubigerschutz angemeldet. Alle französischen Gesellschaften der Recylex-Gruppe sind nicht betroffen.


Vor dem Hintergrund der Maßnahmen zur weltweiten Eindämmung der SARS-CoV-2-Pandemie kam es zu einem dramatischen Verfall der Metallpreise. Angesichts der gesamtwirtschaftlichen Aussichten und nach Prüfung aller möglichen Szenarien musste schließlich davon ausgegangen werden, dass mit einer ausreichenden kurz- und mittelfristigen Erholung nicht gerechnet werden kann. Insbesondere die Aussichten auf den Zinkpreis drohten die geschäftlichen Aktivitäten der Harz-Metall GmbH in der deutschen Gruppe dauerhaft zu gefährden. Dies führte dazu, dass dieses einzelne Unternehmen für die nächsten zwei Jahre zusätzliche finanzielle Mittel von bis zu 8,6 Millionen Euro benötigt hätte. Dieser zusätzliche Liquiditätsbedarf konnte von den Finanzierungspartnern der Gruppe (über ihre Verpflichtungen hinaus) vor dem Hintergrund der bereits laufenden Restrukturierung nicht bereitgestellt werden. Nachdem dieser neue zusätzliche Liquiditätsbedarf nicht gedeckt werden konnte, war die Fortführungsperspektive der Harz-Metall GmbH nicht mehr gegeben und deren Geschäftsführung dazu verpflichtet, die Einleitung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen. Bei der deutschen Recylex-Gruppe handelt es sich im Wesentlichen um vier in den Bereichen Blei, Zink und Spezialmetallfertigung tätigen Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von 231 Mio. € sowie 674 Mitarbeitern (2019).

 

Damit fielen die positiven Aussichten mitten in dem von Sebastian Rudow, Verwaltungsratsvorsitzender und CEO der Gruppe, bereits im Jahr 2018 initiierten Restrukturierungsprozess nunmehr abrupt weg. Zur Beantragung der Schutzschirmverfahren für die operativ tätigen und der Eigenverwaltungsverfahren für die weiteren Gesellschaften der gesamten deutschen Recylex-Gruppe waren die deutschen Geschäftsführungen gehalten, nachdem alle Gesellschaften gegenüber den deutschen Finanzierungspartnern haften. Ziel der Schutzschirmverfahren ist es, die einzelnen Betriebe fortzuführen und die Restrukturierungsprozesse individuell fortzusetzen und den Unternehmen zu ermöglichen, nach Überwindung der SARS-CoV-2-Pandemie sowie gegebenenfalls in einer neuen Gesellschafterstruktur wieder an den Märkten aus eigener Kraft zu bestehen. 

 

Andreas Ziegenhagen und Partner Dirk Schoene von Dentons begleiten die Eigenverwaltung bei der Weser-Metall GmbH in Nordenham und unterstützen Interims-Geschäftsführer Koen Demesmaeker.

 

Bei der Harz-Metall GmbH in Oker im Harz ergänzt Dentons Team in identischer Aufstellung den Interims-Geschäftsführer Thomas Paul, von paul und collegen.

 

Daniel Herper und Partner Dr. Holger Jakob von FPS begleiten die Eigenverwaltung als Generalhandlungsbevollmächtigte bei der Norzinco GmbH in Oker, ebenfalls in Ergänzung zum Interims-Geschäftsführer Thomas Paul.  FPS übernimmt in identischer Besetzung die Eigenverwaltung zusammen mit den Geschäftsführern der PPM Pure Metals GmbH, Dr. Ulrich Kammer und Dr. Jan Freerks Riecken.

 

Das Management der Recylex-Gruppe in Deutschland wird im Rahmen der Eigenverwaltungen insbesondere mit Blick auf die Restrukturierungen weiter von der Andersch AG begleitet.

 

In allen Verfahren wurde Arndt Geiwitz von SGP Schneider Geiwitz & Partner als vorläufiger Sachwalter bestellt.

 

Dr. Raoul Kreide von GSK Stockmann berät die französische Konzernmutter Recylex S.A. im Zusammenhang mit den Verfahren der deutschen Gruppengesellschaften.

 

Die Muttergesellschaft der Recylex-Gruppe, die französische Recylex S.A. mit Sitz in Paris, wird seit dem 30.11.2017 vom deutschen Restrukturierungsspezialisten Sebastian Rudow als Verwaltungsratsvorsitzender und CEO geführt. Rudow, der zuvor als Rechtsanwalt über zehn Jahre in der Unternehmenssanierung umfassend tätig und Partner bei Wellensiek war, hat die Restrukturierung der Recylex-Gruppe Mitte 2018 initiiert und entschlossen vorangetrieben.

 

„Mit den Schutzschirmverfahren der deutschen Gruppe haben wir eine gute Antwort auf die Herausforderungen der SARS-CoV-2-Pandemie gefunden. Ich gehe davon aus, dass mit den umfassenden Sanierungserleichterungen, die das deutsche Insolvenzrecht bietet, die eingeschlagenen Wege weiterverfolgt werden können. Mit den handelnden Personen sind durchweg sehr erfahrene Experten tätig. Mit der im Kern beständigen französischen Gruppe konzentrieren wir uns ebenfalls weiter auf den Restrukturierungsprozess.“ so Rudow gegenüber Juve und fügt hinzu „In meiner Eigenschaft als Verwaltungsratsvorsitzender und CEO werde ich mich weiterhin für die französische Gruppe einsetzen, wenn auch durch den Wegfall der deutschen Gesellschaften mit einem deutlich verkleinerten Wirkungskreis“.

 

Geiwitz, der sich zunächst einen Überblick über die Gruppe und ihre Betriebe verschaffen muss, kommentiert: „Mein erster Eindruck ist, dass die Verfahren sehr gut vorbereitet wurden und wir ohne Einschränkungen unsere Aufgaben wahrnehmen können. Exakt für solche Rahmenbedingungen wurde das Schutzschirmverfahren geschaffen, um die Chancen auf Sanierung zu erhalten.“

 

Die Unternehmen im Schutzschirmverfahren:

 

•             Weser-Metall GmbH: Die Weser-Metall GmbH (WMG) produziert jährlich ca. 100.000 Tonnen Blei und ist damit die drittgrößte Bleihütte und der zweitgrößte Bleirecycler Europas. Neben der standardisierten Produktion von Bleibarren (Reinheit von 99,985 %) produziert das Unternehmen auch spezielle Bleilegierungen nach individuellen Kundenanforderungen. Im letzten Jahr waren vielversprechende Testläufe zur Raffination von Palladium, Silber, Gold und weiteren hochwertigen Metallen absolviert worden. Das Unternehmen WMG beschäftigt am Standort Nordenham (Niedersachsen) ca. 330 Mitarbeiter.

 

•             Harz-Metall GmbH: Die Harz-Metall GmbH (HMG) ist eines der führenden europäischen Recyclingunternehmen für blei- und zinkhaltige Abfälle. An ihrem zentralen Standort in Oker bei Goslar verarbeitet die HMG blei- und zinkhaltige Stoffe und verarbeitet sie zu Sekundärrohstoffen. Die HMG bietet ein umfassendes Portfolio an umweltschonenden Recyclingverfahren und speziellen Dienstleistungen für Betreiber von Entsorgungs- und Sammelstellen für Altbatterien. Dazu kommt ein Drehrohrbetrieb mit maßgeschneiderten Lösungen für Industriekunden zur Weiterverarbeitung zinkhaltiger Stäube aus der Produktion von Elektrostahlwerken und galvanischen Schlämmen. Ca. 130 Mitarbeiter gehören zur Belegschaft des Unternehmens am Standort Oker (Niedersachsen).

 

•             Norzinco GmbH: Die Norzinco GmbH (HZO) hat sich als einer der führenden europäischen Hersteller von Zinkoxid etabliert: Die Marke HZO (für Harzer Zinkoxid) steht für ein anspruchsvolles Produktportfolio mit unterschiedlichen, auf die jeweilige Anwendung abgestimmten, Qualitäten. Die Norzinco GmbH ist eines der wenigen Unternehmen in Europa, das nach dem New Jersey-Feinzink-Destillationsverfahren arbeitet. Dabei wird hochreines Zinkoxid aus Sekundärrohstoffen wie Zinkschrott, zinkhaltigen Schlacken und Umschmelzzink gewonnen. Das Verfahren zeichnet sich durch eine hohe Energieeffizienz und niedrigste CO₂-Emissionen aus, was Norzinco an die Spitze der europäischen Zinkrecyclingunternehmen bringt. Ca. 85 Mitarbeiter sind für die Norzinco GmbH am Standort Oker tätig.

 

•             PPM Pure Metals GmbH: Seit fast 35 Jahren produziert die PPM Pure Metals GmbH (PPM) hochreine Nichteisenmetalle und deren Verbindungen für die Elektronik-, Optoelektronik-, Photovoltaik- und Halbleiter-Industrie. Das hochspezialisierte Produktportfolio umfasst höchstreine Metalle (bis 7N5-Qualitäten) und Verbindungen der Elemente Antimon, Arsen, Cadmium, Kupfer, Gallium, Germanium, Indium, Blei, Tellur und Zinn. An den Produktions- und Recyclingstandorten Langelsheim und Osterwieck (Niedersachsen), beschäftigt das Unternehmen insgesamt ca. 100 Mitarbeiter.

 




Dentons
Dentons ist die weltweit größte Wirtschaftskanzlei. In Deutschland ist Dentons mit Büros in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und München in wichtigen Schlüsselregionen vertreten und berät Mandanten mit mehr als 200 Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern in allen Bereichen des Wirtschaftsrechts. Bei globalen Projekten profitieren Mandanten von hervorragender Expertise an der Schnittstelle verschiedener Standorte, Praxisbereiche und Branchen. Weltweit sind mehr als 10.000 Anwälte und Berufsträger an mehr als 180 Standorten in über 70 Ländern für die Kanzlei tätig.

 

">FPS

FPS ist eine der führenden deutschen Wirtschaftskanzleien und mit über 130 Anwälten deutschlandweit an den Standorten Frankfurt, Düsseldorf, Hamburg und Berlin vertreten. Die zentralen Kompetenzfelder der Kanzlei sind dabei das Handels- und Gesellschaftsrecht, die gesamte Immobilienwirtschaft, inklusive des Privaten Baurechts, der Gewerbliche Rechtsschutz sowie das Öffentliche Wirtschaftsrecht. Darüber hinaus besitzt FPS ein führendes Notariatswesen sowie starke Präsenz auf den Gebieten der Restrukturierung und des Insolvenzrechts, des Bank- und Finanzrechts, des M&A einschließlich der steuerlichen Gestaltungsberatung, des Arbeitsrechts, bei Prozessen und der außergerichtlichen Streitbeilegung.

 

Vorläufiger Sachwalter Arndt Geiwitz

Arndt Geiwitz ist Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und geschäftsführender Gesellschafter bei SGP Schneider Geiwitz & Partner Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Rechtsanwälte PartGmbB. SGP unterstützt seit mehr als 40 Jahren Unternehmen. Mit 335 Mitarbeitern ist die Kanzlei neben dem Hauptsitz in Neu-Ulm an 21 weiteren Standorten vertreten. Mit den Sparten Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Rechtsberatung, Corporate Finance, Immobilienverwaltung sowie Restrukturierung deckt das Unternehmen ein umfassendes Leistungsangebot für Unternehmen ab.

 

Thomas Paul

Thomas Paul ist seit Oktober 2018 als interimistischer Geschäftsführer für die drei Gesellschaften am Standort Goslar (Harz-Metall GmbH, Norzinco GmbH und C2P GmbH) tätig. Er übernimmt seit mehr als 20 Jahren operativ – zumeist als CRO – derartige Mandate im Umfeld größerer Restrukturierungen, Insolvenzen und Restarts. Er ist zudem Gründungsgesellschafter von paul und collegen consulting, die von Berlin und Wien aus als Interim Manager und Berater Gesellschaften in Umstrukturierungssituationen führen und begleiten.

 

Koen Demesmaeker

Koen Demesmaeker wurde zunächst im April 2019 als Chief Operating Officer bei der Weser-Metall GmbH tätig und im Juli 2019 als Geschäftsführer bestellt. Zuvor war Herr Demesmaeker, der einen Master in Ökonomie der Universität Antwerpen hält, für die Glencore International AG in verschiedenen Projekten aktiv (seit November 2017), Chief Executive Officer bei EverZinc (2016/2017) und hatte verschiedene Managementpositionen bei der Umicore AG (2002 bis 2016) inne.

 

GSK Stockmann

Dipl.-Bw (BA) Dr. Raoul Kreide ist Rechtsanwalt und Leiter der Praxisgruppe Restrukturierung bei GSK Stockmann. Er berät regelmäßig Gläubiger und Organe in Restrukturierungsszenarien. GSK Stockmann ist eine der führenden unabhängigen Wirtschaftskanzleien mit Standorten in Deutschland und Luxemburg.

 

Sebastian Rudow, Rechtsanwalt

Sebastian Rudow ist Rechtsanwalt und seit über 15 Jahren im Bereich der Restrukturierung und Sanierung tätig. Vor der Übernahme der Position des Verwaltungsratsvorsitzenden und CEO‘s bei der Muttergesellschaft der französisch-deutschen Recylex-Gruppe, der in Frankreich börsennotierten Recylex S.A. Ende 2017, war Rudow Partner bei der auf Sanierung spezialisierten Kanzlei Wellensiek. In zahlreichen Sanierungsfällen war er als Geschäftsführer (auch in der Eigenverwaltung) sowie als Berater für Geschäftsführer und Gesellschafter in Unternehmenskrisen in tätig.

 


Wollen Sie umgehend informiert werden, wenn es Neuigkeiten zu diesem Verfahren gibt?


Testen Sie kostenfrei und unverbindlich 3 Tage lang diese Funktionalität - zum Beispiel über unser "Risk-Paket" - und wir benachrichtigen Sie, sobald zum Verfahren neue Nachrichten oder neue Beschlüsse vorliegen.


Jetzt zur Paketauswahl