12.02.2021 - Kategorie "Insolvenzgeschehen allgemein"

Die eingefrorene Krise

Weniger Großinsolvenzen im Januar

Insolvenz-Paradoxon: Trotz Krise sind Anträge von Großinsolvenzen im Januar weiter rückläufig


Nach einem leichten Anstieg im Dezember sind die Insolvenzen von Großunternehmen im Januar wieder gefallen. Gerade einmal zwölf Unternehmen mit einem Umsatz größer zehn Millionen Euro haben einen Antrag gestellt. Das entspricht einem Minus von 25 Prozent zum Dezember und weniger als die Hälfte des Vorjahresmonats (25 Anträge), so der Insolvenzmonitor der Unternehmensberatung Falkensteg. Die Zahlen bei den Großinsolvenzen fallen bereits seit September vergangenen Jahres. Zu den umsatzstärksten Unternehmen, die im Januar den Weg zum Insolvenzrichter gehen mussten, gehören die Adler Modekette, die Deutsche Confiserie Holding mit den Marken Arko, Eilles und Hussel sowie die Dortmunder Blankstahl.


„Wir erleben gerade ein Insolvenz-Paradoxon. Trotz der schwersten Wirtschaftskrise fallen monatlich die Antragszahlen bei kleinen wie großen Firmen. Viele Unternehmen scheinen auf das Ende des Lockdowns zu warten, bevor sie eine Entscheidung über einen Antrag treffen. Die Krise wird hierdurch eingefroren. Die Statistik zeigt aber auch, dass besser beratene Unternehmen frühzeitig einen Antrag für eine Eigenverwaltung stellen, um sich umfassend zu sanieren“, erklärt Falkensteg-Partner Tillmann Peeters. Die Hälfte der Großinsolvenzen sind im Januar unter den Schutzschirm geflüchtet oder haben die Eigenverwaltung gewählt. Der Trend zu den Verfahren in Eigenregie hat sich bereits im vergangenen Jahr abgezeichnet. Der Anteil der Schutzschirmverfahren stieg von rund drei Prozent in 2019 auf über 13 % Prozent. 58 Prozent der insgesamt 275 Großinsolvenzen in 2020 wurden als Regelverfahren und 29 Prozent als vorläufige Eigenverwaltung beantragt.


Kritisch sieht der Sanierungsexperte die weitere Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, die vordergründig für das niedrige Niveau mit verantwortlich ist. „Viele Unternehmer interpretieren die derzeitige Rechtslage falsch oder schauen nicht so genau hin“, so Peeters. Eigentlich sind seit Oktober vergangenen Jahres alle zahlungsunfähigen und seit Jahresanfang auch überschuldete Firmen verpflichtet, einen Antrag zu stellen. Zwar hat der Bundestag eine Ausnahme bis Ende April beschlossen, doch dabei gelten starke Einschränkungen. Nur, wenn die staatlichen November- und Dezemberhilfen beantragt, aber noch nicht ausgezahlt sind, bleiben die Unternehmen verschont. „In den Köpfen der Geschäftsführer bleibt nur die Befreiung von der Antragspflicht hängen. Kommt später doch eine Pleite, dann müssen die Firmenlenker wegen Insolvenzverschleppung mit einer persönlichen Haftung und strafrechtlichen Folgen rechnen. Die können die eigene Existenz gefährden“, erklärt Sanierungsexperte Peeters.


Rund 80 Milliarden Euro hat der Staat laut Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) bis Anfang Februar für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds, an Zuschüssen sowie Krediten ausgegeben. Dazu kommen noch einmal rund 22 Milliarden Euro für die Kurzarbeit. Die Politik will im Wahljahr 2021 nicht für eine massenhafte Pleitewelle verantwortlich sein. Peeters gibt jedoch zu bedenken: „Wir bekämpfen mit viel Geld nur die Symptome aber letztendlich nicht die Krankheit. Die Krankheit wird nicht weggehen, denn die Unternehmen verdienen kein Geld. Den Krisenunternehmen dann Kredite zu geben, verschiebt die Probleme nicht nur in die Zukunft, sondern verschärft die Situation.“ Insbesondere Unternehmen, die über Jahre schon niedrige Erträge erwirtschaftet und in der Phase der Nullzinspolitik überlebt haben, werden die zusätzlichen Kreditkosten kaum aufbringen können. Peeters kann sich deshalb vorstellen, das Unternehmen wie beispielsweise bei Flutkatastrophen echte Hilfen erhalten, um die Kredite zurückzuzahlen. Diese Unterstützung könne bis zu einem Betrag gedeckelt werden, wenn die Verluste nachgewiesen werden.


Ein Beispiel für solche Liquiditätsmaßnahmen könnten die erheblichen steuerlichen Erleichterungen sein, die der Gesetzgeber bereits im vergangenen Jahr auf den Weg brachte. So können Verluste aus dem Corona-Krisenjahr mit Gewinnen aus 2019 verrechnet werden, die Grenze hierfür wurde von einer auf zehn Millionen Euro heraufgesetzt. Viele Unternehmen dürften damit ihre Steuerzahlung zurückerstattet bekommen. Weiterhin können die steuerlichen Vorauszahlungen nach unten angepasst werden. „Das ist eine echte Förderung, die schnell und pragmatisch umzusetzen ist, denn beides spült dringend benötigte Liquidität in die Kassen der Firmen“, so Peeters.


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