22.01.2024 - Kategorie "Insolvenzverfahren"
Drohende Schließung des Seniorenzentrums ‘Augustastift‘ in Schleusingen
Investor überraschend abgesprungen
Nachdem im letzten Moment Ende Dezember 2023 der aussichtsreichste
Investor unvermittelt abgesprungen ist, steht die Wilhelm Augusta Soziale Dienste gGmbH mit
Verwaltungssitz in Eisenach vor dem Aus. Die Wilhelm Augusta Soziale Dienste betreibt das
Seniorenzentrum Lutherhaus und Vogelshof, auch bekannt unter dem Namen ‚Augustastift‘, in
Schleusingen und hatte Ende September 2023 beim zuständigen Amtsgericht in Meiningen einen
Insolvenzantrag gestellt. „Die Absage des Investors ist für die Bewohnerinnen und Bewohner, deren
Angehörige, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch für uns ein herber Rückschlag, mit dem wir
nicht gerechnet haben“, sagt Tobias Reinhardt, Geschäftsführer der Betreiberin der Einrichtungen.
Intensive Investorensuche
Der vorläufige Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Marcello Di Stefano von der Kanzlei DiLigens
Rechtsanwälte & Insolvenzverwalter, und die Geschäftsführung hatten zuvor den Geschäftsbetrieb
der beiden Einrichtungen fortgeführt und sich umgehend um einen Investor bemüht. Denn schnell war
klar, dass es ohne einen Erwerber, der neues Kapital investieren würde, nicht möglich sein wird, die
beiden Einrichtungen weiter fortzuführen. Hierzu hatten die Geschäftsführung und der vorläufige
Insolvenzverwalter einen M&A-Berater, die ABG Consulting-Partner GmbH & Co. KG aus Dresden,
mit der Durchführung eines strukturierten Investorenprozesses beauftragt. Rund 100 potentielle
Interessenten aus dem Branchenumfeld wurden im Herbst angeschrieben. Davon erhielten, nach
Unterzeichnung einer Geheimhaltungsvereinbarung, insgesamt sechs Interessenten den Zugang zum
Datenraum.
Absage nach weit fortgeschrittenen Verhandlungen
Nachdem andere potentielle Investoren abgesagt hatten, konzentrierten sich die Verhandlungen und
Gespräche auf einen aussichtsreichen Investor. Die Gespräche mit diesem Investor waren weit
fortgeschritten, die Bedingungen ausverhandelt. Ende Dezember 2023 sollte der bereits fertig
ausformulierte Kaufvertrag unterschrieben werden. „Als dann unvermittelt kurz vor Jahresende die
Absage kam, war das für uns alle ein Schock. Natürlich tun wir derzeit alles, um trotz der schwierigen
Situation kurzfristig eine Fortführungslösung auf die Beine zu stellen, aber wenn uns ein Abschluss
nicht mehr gelingen sollte, droht der Einrichtung die Schließung, da uns die finanziellen Mittel für eine
weitere Fortführung des Geschäftsbetriebs leider schlicht fehlen“, sagt der vorläufige
Insolvenzverwalter Marcello Di Stefano.
Hoffnung bis zuletzt
Nachdem der zuvor aussichtsreichste Interessent abgesprungen war, haben sich der vorläufige
Insolvenzverwalter und sein Team umgehend intensiv um andere Interessenten bemüht. Derzeit gibt
es noch zwei mögliche Übernahmeinteressenten, welche aber erst spät in Erscheinung getreten sind,
weshalb die verbleibende Zeit zur Realisierung einer Übernahme angesichts der gegebenen
wirtschaftlichen Zwänge äußerst knapp ist.
Schwierige Marktlage für Senioren- und Pflegeheime
Derzeit hat nicht nur das Seniorenzentrum ‚Augustastift‘, sondern alle Betreiber von Senioren- und
Pflegeheimen mit außerordentlich schwierigen Marktgegebenheiten zu kämpfen. Der eklatante
Fachkräftemangel sowie gestiegene Personal- und Energiekosten stellen die Betreiber von
Seniorenheimen vor große Herausforderungen. Weiter verstärkt werden die Probleme in diesem Fall
durch notwendige Investitionen an den Gebäuden in erheblicher Höhe. So kann z. B. im Lutherhaus
derzeit nur eine von drei Etagen belegt werden, wodurch ein kostendeckender Betrieb nicht möglich
ist. Denn wenn die Auslastung zu gering ist, rutscht die Einrichtung schnell in die roten Zahlen.
Kündigungen bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Wenn kurzfristig kein Investor gefunden wird und kein kostendeckender Geschäftsbetrieb mehr
möglich ist, ist der Insolvenzverwalter aus insolvenzrechtlichen Gründen gezwungen, den
Geschäftsbetrieb der beiden Einrichtungen kurzfristig einzustellen. Dies wird voraussichtlich
unmittelbar nach der Eröffnung des Verfahrens der Fall sein, die am 01. Februar 2024 durch den
Beschluss des Amtsgerichts Meinigen erfolgen wird. Die Folge wäre die Kündigung aller Wohn- und
Betreuungsverträge der Bewohnerinnen und Bewohner sowie der Dienstverträge der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter zum nächstmöglichen Kündigungstermin. Letztlich müsste auch das Essen auf Rädern
eingestellt werden.
Unterstützung bei der Suche nach Heimplatz
„In diesem Worst Case müssen wir damit rechnen, dass betroffene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
auch von sich aus kündigen und der Geschäftsbetrieb noch bis Ende Februar 2024 zum Erliegen
kommt, da eine verantwortungsvolle Betreuung ohne ausreichendes Personal nicht möglich sein
wird“, sagt Geschäftsführer Reinhardt. Selbstverständlich werden die Heimaufsicht und die
Geschäftsführung die Bewohnerinnen und Bewohner bei der Suche nach einem neuen Heimplatz
unterstützen.
Über die Kanzlei DiLigens Rechtsanwälte & Insolvenzverwalter
Die Kanzlei DiLigens Rechtsanwälte & Insolvenzverwalter ist spezialisiert auf die Insolvenzverwaltung
und Restrukturierungsberatung von Unternehmen. Dabei stehen die finanz- und leistungswirtschaftliche Sanierung von Unternehmen sowie der Erhalt von Arbeitsplätzen im Zentrum. Seit vielen Jahren
sind 6 erfahrene Berufsträger in einer Vielzahl von Insolvenzverfahren erfolgreich tätig. Das
Unternehmen betreut von 9 Standorten in Eisenach, Erfurt, Chemnitz, Dresden, Halle, Kassel, Leipzig,
Magdeburg und Mühlhausen Mandate aller Größenordnungen und Branchen. Das umfasst auch die
wirtschaftsrechtliche Beratung, die Begleitung von Unternehmenstransaktionen und die Prozessführung
Bild: © Mizkit / AdobeStock
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