Jedes zweite insolvente Unternehmen aus 2021 schon gerettet
Die Großinsolvenzen sinken im zweiten Quartal des Jahres 2022 wieder deutlich ab. Als Großinsolvenz zählt der Insolvenzreport Verfahren von Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 20 Mio. Euro.
Die Großinsolvenzen sinken im zweiten Quartal des Jahres 2022 wieder deutlich ab. Lediglich 19 Unternehmen beantragten zwischen April und Juni ein Insolvenzverfahren. Das sind 42 Prozent weniger als im Vorquartal mit 33 Fällen. Damit liegen die Antragszahlen wieder auf dem Durchschnittswert der Quartale des zweiten Coronajahrs 2021, so der Insolvenzreport von Falkensteg. Gegenüber dem Vorjahresquartal stiegen die Insolvenzen jedoch leicht um zwei Fälle und damit um rund 12 Prozent. Als Großinsolvenz zählt der Insolvenzreport Verfahren von Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 20 Mio. Euro.
Der rückläufige Trend ist vorwiegend auf die geringen Anträge von Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 50 Mio. Euro zurückzuführen. Im zweiten Quartal 2022 registrierten die Amtsgerichte lediglich drei Anträge. Der Anteil am Gesamtaufkommen liegt damit bei lediglich 15 Prozent. Noch drei Monate zuvor waren die Fälle auffällig auf 19 angestiegen und über 60 Prozent der Großinsolvenzen entfielen auf diese Umsatzklassen. Zum Vergleich, in den vergangenen fünf Jahren waren es rund 40 Prozent aller Fälle.
„Es wird sicherlich im zweiten Halbjahr mehr Insolvenzen geben als im ersten. Allein die explodierenden Kosten bei neuen Energiekontrakten werden die Gewinne und am Ende auch Liquidität vieler Unternehmen nach und nach aufzehren“, meint Falkensteg-Partner und Studienautor Jonas Eckhardt. Das Insolvenzgeschehen werde deshalb davon abhängen, inwieweit Unternehmen die Kostensteigerungen an ihre Kunden weitergeben können und in welchem Umfang der Staat wieder unterstützend eingreift.
Hohe Unsicherheit im M&A-Markt
Nach einem verhaltenen Jahresauftakt nahm die Geschwindigkeit bei den Verfahrensausgängen im zweiten Quartal 2022 rasant zu. Von den 75 Großinsolvenzen aus 2021 konnten bereits 38 Firmen gerettet werden – ein Plus von elf Unternehmen. 27 Firmen wurden verkauft und bei elf Unternehmen stimmten die Gläubiger einem Insolvenzplan zu. Deutlich verringert hat sich die Zahl der noch offenen Verfahren von 28 auf 18. In 19 Fällen wurde der Betrieb eingestellt oder Masseunzulänglichkeit angezeigt.
Die Rettungsquote für die 2021-Verfahren ist damit innerhalb von drei Monaten von mageren 36 Prozent auf 51 Prozent hochgeschnellt. Bis zum aktuellen Rekordwert für die 2020-Verfahren dauert es jedoch noch. 128 der 181 Verfahren, die 2020 beantragt wurden, konnten positiv abgeschlossen werden. Das entspricht einem Wert von 70 Prozent. 16 Fälle sind weiterhin noch offen. Für 37 Unternehmen gibt es nur noch wenig Hoffnung auf eine Rettung aus der Insolvenz.
Die rückläufige Rettungsquote zum Vorjahr hat vor allem zwei Gründe. Einerseits „stellen die Unternehmen tendenziell deutlich später einen Insolvenzantrag“, so Jonas Eckhardt. Mit dem Hinauszögern des Insolvenzantrages sinken aber die Restrukturierungschancen deutlich. Andererseits sind die Investoren deutlich verhaltener. Noch vor einem Jahr war der Ausblick der Unternehmenskäufer sehr euphorisch. Nach zwei Jahren Corona werde die Wirtschaft einen Schub erleben, so die Devise. Inzwischen führen Inflation sowie hohe Rohstoff- und Energiepreise zu einem Nachfrage-Rückgang und Investitionen werden weiter verschoben. „Die Zukunftsaussichten haben sich völlig gedreht. Es herrscht eine hohe Unsicherheit im Markt und das führt zu einer deutlichen Zurückhaltung bei M&A-Deals. Die Rettungsquote von 50 Prozent ist deshalb ein sehr positiver Wert“, erläutert Eckhardt.
Trotz der derzeitigen Herausforderungen ist der deutsche Distressed M&A-Markt für internationale Investoren weiterhin attraktiv. Bei den 27 Asset Deals aus den Verfahren 2021 fanden zwölf Unternehmen einen internationalen Käufer. 15 Firmen blieben in deutscher Hand. Aus den 2020-Verfahren ging dagegen fast nur jedes fünfte Unternehmen (20) an einen ausländischen Investor. 69 insolvente Firmen übernahmen deutsche Käufer
Über den Insolvenzreport „5 nach 12“
Die Restrukturierungsberatung Falkensteg recherchiert für den Insolvenzreport alle drei Monate das Insolvenzgeschehen. Dazu werden Informationen des Insolvenz-Portals, der Creditreform, des Statistischen Bundesamtes sowie von Insolvenzverwaltern ausgewertet und mit eigenen Analysen ergänzt. Während andere Statistiken die eröffneten Insolvenzzahlen auswerten, konzentriert sich der Insolvenzreport auf den früheren Zeitpunkt der Insolvenzanmeldung. Durchschnittlich liegt zwischen der Anmeldung und der Eröffnung ein Zeitraum von zwei bis drei Monaten. Damit dient der Insolvenzreport als Frühindikator bei den Großinsolvenzen.
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