Juristische Personen als Insolvenzverwalter?
Aus der Rede des Bundesjustizministers Heiko Maas beim 12. Deutschen Insolvenzrechtstag am 19. März 2015 in Berlin.
Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich zum Schluss noch auf ein aktuelles, kontrovers diskutiertes Thema zu sprechen kommen, das die Ausübung des Verwalterberufs betrifft.
Die Insolvenzordnung bestimmt, dass zum Insolvenzverwalter eine natürliche Person bestellt wird.
Beim Bundesverfassungsgericht ist aber eine Verfassungsbeschwerde zu der Frage anhängig, ob es mit dem Gleichheitssatz und der Berufsfreiheit vereinbar ist, dass juristische Personen nicht zum Insolvenzverwalter bestellt werden können.
Die Gesichtspunkte, die für eine Zulassung juristischer Personen zum Verwalteramt angeführt werden, kann man nicht leichtfertig von der Hand weisen. Trotzdem halte ich sie bei näherer Betrachtung für wenig überzeugend. Das liegt daran, dass sie der Rechtsstellung des Insolvenzverwalters im deutschen Insolvenzrecht und dem rechtlichen Gesamtkontext, in den sein Amt eingebettet ist, nicht gerecht werden.
Der Insolvenzverwalter nimmt gemeinsam mit dem Justizpersonal des Insolvenzgerichts Rechtspflegeaufgaben wahr.
Der Staat bedient sich des Insolvenzverwalters aufgrund seines Gewaltmonopols im Interesse einer geordneten Rechtspflege.
Der Insolvenzverwalter übt zwar kein öffentliches Amt aus. Seine Bestellung dient aber dazu, ein dem Gemeinwohl dienendes Rechtsschutzziel zu erreichen.
Das Amt des Insolvenzverwalters unterscheidet sich damit erheblich von der beratenden und vertretenden Tätigkeit eines Rechtsanwalts im Mandatsverhältnis.
Eine Öffnung des Verwalterberufs für juristische Personen lässt sich deshalb nicht damit begründen, dass der Anwaltsberuf auch in der Form einer haftungsbeschränkten Gesellschaft ausgeübt werden kann.
Das Verwalteramt muss aber auch deshalb natürlichen Personen vorbehalten bleiben, weil es nicht nur formale fachliche Qualifikationen erfordert. Von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Insolvenzbewältigung können gerade auch Eigenschaften und Fähigkeiten sein, über die nur eine natürliche Person verfügen kann.
Das gilt vor allem in Fällen, in denen der Schuldner Inhaber eines sanierungsfähigen Unternehmens ist. Mit Recht wird die Wahl des Verwalters als „Schicksalsfrage“ eines Insolvenzverfahrens bezeichnet.
Bei der Bestellungs-Entscheidung muss der Richter deshalb einschätzen können, ob eine Person Vertrauen verdient und über die für das Verwalteramt erforderlichen persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten verfügt.
Ein wichtiger Anhaltspunkt für die Eigenschaften, Fähigkeiten und die Vertrauenswürdigkeit des Verwalters ist seine Amtsführung in vorangegangenen Verfahren. Einen verlässlichen Aussagewert hat die Amtsführung in früheren Insolvenzverfahren nur bei natürlichen Personen. Bei juristischen Personen ließe sich aus einer früheren Amtsführung wegen möglicher Personalwechsel nur eingeschränkt etwas herleiten.
Auch unter dem Gesichtspunkt der Unabhängigkeit und der Kontinuität der Amtsführung spricht wenig für eine Öffnung für juristische Personen.
Und die Figur eines sogenannten „ausübenden Verwalter“ wäre letztlich Augenwischerei: Die juristische Person würde das Verwalteramt innehaben, ohne es auszuüben. Der „ausübende Verwalter“ würde das Verwalteramt ausüben, ohne es innezuhaben.
Aus all diesen Gründen sehen wir keinen Anlass, juristische Personen für das Verwalteramt zuzulassen, denn schließlich steht es ja jedem Berufsträger einer juristischen Person frei, sich persönlich für das Verwalteramt zur Verfügung stellen.
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