Kein Ende des billigen Geldes in Sicht
Berliner Restrukturierungsforum: Fluch und Segen des billigen Geldes: Dauerhafte Lösung oder die Anlage einer neuen Krise?
Ein Ende der Niedrigzinsen und
eine allein hieraus resultierende neue Krise sind in absehbarer Zeit nicht in
Sicht, den Auswirkungen gravierender globaler Marktschwankungen wird aber auch
Deutschland nicht entgehen – so lautete das Fazit des achten Berliner
Restrukturierungsforums. Gut 90 Gäste verfolgten am 9. September 2015 die
spannende Diskussion rund um das Thema „Fluch und Segen des billigen Geldes:
Dauerhafte Lösung oder die Anlage einer neuen Krise?“.
Das Zinsniveau ist so niedrig wie noch nie. Aber: Das ist kein Phänomen der jüngeren Zeit. Bereits seit Anfang der 90er Jahre sinken die Zinsen. Und es ist keine deutsche Besonderheit, sondern betrifft auch andere Staaten wie die USA und vor allem Japan. Mit diesen Zahlen und Entwicklungen eröffnete Buchautor und Redakteur der Tageszeitung „Die Welt“, Daniel D. Eckert, das Berliner Restrukturierungsforum.
Weitere Entwicklungen, die der erfahrene Wirtschaftsjournalist vorstellte: Die Inflationsrate befindet sich seit den 90er Jahren auf dem Rückzug. Das Zinsniveau folgt dem Rückgang des Preisniveaus. Da der Trend für die Inflationswerte weiter nach unten zeigt, bleiben auch Zinsen weiter niedrig. Die Geldmenge nimmt zu, man könne aber nicht von einer Explosion sprechen. Spekulationsblasen hätten sich noch nicht gebildet. Das weltweite Wirtschaftswachstum ist sehr gering. „Von einer Zinswende kann man auf absehbare Zeit nicht sprechen. Wir haben ein geringes Wachstum, keine Inflation, keine Überhitzungserscheinungen, Spekulationsblasen sind noch nicht so ausgeprägt und es gibt kein Entsparen trotz Minizinsen. Eine Wende ist aktuell nicht sichtbar“, so die vorsichtige Prognose von Eckert für die zukünftige Entwicklung.
In der anschließenden Diskussionsrunde – moderiert von Dr. Kirsten Schümann-Kleber (GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB) und Eva Ringelspacher (hww Unternehmensberater GmbH) – diskutierten Stephan Hoffmann (Leiter Wirtschaftsförderung Investitionsbank Berlin), Jan Henrik Reichenbach (Partner Ernst & Young, Capital & Debt Advisory) und Daniel D. Eckert weiter über das billige Geld.
Hoffmann sieht keine Indikatoren, dass sich zeitnah etwas an der aktuellen Situation ändert. Im Gegenteil: „Seit zwei Jahren verlegen viele Banken ihre Kapazitäten von der Restrukturierung in andere boomende Geschäftsbereiche“, so der Banker. Da die Zinsen kein dramatischer Kostenfaktor für die Unternehmen seien, hätte sich aufgrund des niedrigen Zinsniveaus auch nicht die Anzahl der Unternehmenskredite erhöht.
Eine Zunahme der Finanzierung von Transaktionen durch Nicht-Banken in Europa hat Reichenbach festgestellt. Das betreffe vor allem Großbritannien, aber auch Deutschland. „Private Equity Häuser und auch ehemals reine Hedge Fonds treten als Alternative oder Ergänzung zur klassischen Bankenfinanzierung auf. Damit kommt einiges an Geld auf Europa zu“, so der Berater.
Dass damit der Wettbewerbsdruck zugenommen hat, erlebt Hoffmann in der Tat bereits im Bankensektor: „Durch den erhöhten Wettbewerb steigt der Margendruck, die Risikobereitschaft einiger Banken nimmt zu und auch die Geschwindigkeit, mit der Investitionsentscheidungen durch die Bank getroffen werden, erhöht sich enorm“, weiß Hoffmann zu berichten.
Alle drei Referenten sind sich – zum Leidwesen der anwesenden Insolvenzverwalter und Restrukturierungsberater – in der Diskussion einig: Im Augenblick wird nicht die nächste Krise angelegt. Reichenbach ist überzeugt davon, dass es zukünftig nicht systematisch zu Ausfällen über alle Branchen hinweg kommen werde: „Denn durch die höhere Differenzierung der Finanzierungsmöglichkeiten gibt es heute mehr Alternativen, finanzielle Engpässe zu überbrücken.“ Aber dennoch ist er sich sicher, dass es den einen oder anderen sicherlich geben wird.
Hoffmann sieht eine besondere Gefahr im Niedrigzinsniveau: „Die aktuelle Situation verhindert leider ein Stück weit, dass notwendige Strukturanpassungen vorgenommen werden.“ Dem stimmt Eckert zu. Denn das billige Geld schaffe keinen Wohlstand, sondern man kaufe sich nur Zeit. Aber es bestehe eben auch die Chance, die Zeit zu nutzen. Daher sei er durchaus optimistisch.
Das Berliner Restrukturierungsforum brachte mit seiner achten Veranstaltung erneut rund 90 Experten der Sanierungsbranche zusammen. Die Organisatoren, Dr. Kirsten Schümann-Kleber von der GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, Burkhard Jung von hww hermann wienberg wilhelm und Dr. Gunnar Gerig von der Ernst & Young GmbH, freuten sich über die diskussionsreiche Veranstaltung und den großen Zuspruch. Das Berliner Restrukturierungsforum ist eine Plattform für Experten der Branche und wird von hww hermann wienberg wilhelm, GÖRG Rechtsanwälte Partnerschaft mbB und Ernst & Young GmbH in Berlin veranstaltet. Es bringt zwei Mal pro Jahr alle an der Sanierung eines Unternehmens Beteiligten zusammen. Hochrangige Gäste stellen aus verschiedenen Blickwinkeln ein aktuelles Thema vor und teilen ihr Expertenwissen mit den Gästen in der Diskussion. Mehr unter: www.berliner-restrukturierungsforum.de. Die nächste Veranstaltung findet im Frühjahr 2016 statt.
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