Zur Unwirksamkeit einer Vorausverfügung über die Miete gegenüber dem Zwangsverwalter
Der Bundesgerichtshof hat sich in einer Entscheidung mit der Wirksamkeit einer Vorausverfügung des Vollstreckungsschuldners über die Miete sowie mit den Folgen eines Rechtsirrtums des Mieters über seine Zahlungspflicht befasst.
Der Beklagte zu 2, über dessen Vermögen 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, war ursprünglich Eigentümer eines von ihm und seiner Ehefrau, der Beklagten zu 3, bewohnten Hausgrundstückes. Am 28. August 2009 wurde das Hausgrundstück zwangsversteigert. Da der Ersteher den "Kaufpreis" nicht vollständig zahlte, wurde ein Zwangsverwaltungsverfahren eingeleitet, in dem der Kläger durch Beschluss vom 26. November 2009 zum Zwangsverwalter über das Grundstück bestellt worden ist. Die Beklagten zu 2 und 3 berufen sich gegenüber dem Kläger auf einen mit der Beklagten zu 1 (ihrer Tochter) geschlossenen Untermietvertrag. Die Beklagte zu 1 ihrerseits habe mit dem Ersteher am 28. August 2009 einen Festmietvertrag für den Zeitraum vom 1. September 2009 bis zum 31. August 2015 abgeschlossen und die vereinbarte Miete von 35.000 € am selben Tag an den Ersteher gezahlt.
Die Beklagte zu 1 meint, dass die an den Ersteher geleistete Einmalzahlung dem Kläger gegenüber wirksam und sie deshalb nicht zur Zahlung von Miete an den Kläger verpflichtet sei; demgemäß erbrachte sie keine Zahlungen an den Kläger. Mit Schreiben vom 26. Mai 2010 und 6. Februar 2012 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten zu 1 die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs.
Seine gegen alle Beklagten gerichtete Räumungsklage sowie die gegen die Beklagte zu 1 erhobene Zahlungsklage hat das Amtsgericht abgewiesen. Das Landgericht hat dem Zahlungsantrag teilweise stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er den Räumungsanspruch weiterverfolgt, hatte Erfolg. Die Revision der Beklagten zu 1, mit der sie die vollständige Abweisung der Klage begehrt, blieb dagegen ohne Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine nach periodischen Zeitabschnitten bemessene Miete im Sinne des § 1124 Abs. 2 BGB* auch bei einer im Mietvertrag vereinbarten Einmalzahlung anzunehmen ist, wenn ohne weiteres eine Umrechnung des geschuldeten Einmalbetrags auf periodische - üblicherweise monatliche - Zeitabschnitte erfolgen kann, weil der Mietvertrag von vorneherein auf eine feste Mietzeit abgeschlossen worden ist. Aus diesem Grund hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass die Vorausverfügung gegenüber dem Kläger unwirksam und die Beklagte zu 1 ab Januar 2010 zur Zahlung einer monatlichen Miete in Höhe von 486,11 € an den Zwangsverwalter verpflichtet war.
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht hingegen die auf Zahlungsverzug gestützten Kündigungen wegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums der Beklagten zu 1 für unwirksam gehalten. An das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums sind nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats auch im Wohnraummietrecht strenge Anforderungen zu stellen; es besteht kein Grund, im Rahmen von § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB zu Gunsten des Mieters einen milderen Maßstab anzulegen. Ein unverschuldeter Rechtsirrtum liegt nur vor, wenn der Schuldner die Rechtslage unter Einbeziehung der höchstrichterlichen Rechtsprechung sorgfältig geprüft hat und bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte. Entscheidet er sich bei zweifelhafter Rechtslage dafür, die von ihm geforderte Leistung nicht zu erbringen, geht er das Risiko, dass sich seine Einschätzung später als falsch erweist, zumindest fahrlässig ein und hat deshalb seine Nichtleistung zu vertreten, wenn er - wie in einem späteren Rechtsstreit festgestellt wird - zur Leistung verpflichtet war. Vorliegend musste die Beklagte zu 1 gerade mit Rücksicht auf die unsichere Rechtslage mit der Möglichkeit rechnen, dass sie zur Zahlung von Miete an den Kläger verpflichtet war und durfte das mit der unsicheren Rechtslage verbundene Risiko nicht auf diesen abwälzen. Da die Kündigung des Klägers mithin wirksam war, hat der Senat die Beklagten zur Räumung verurteilt.
Urteil vom 30. April 2014 – VIII ZR 103/13
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