5 Jahre besseres Insolvenzrecht? Die ESUG-Evaluation steht an.
„5 Jahre besseres Insolvenzrecht? Die ESUG-Evaluation steht an.“ – lautete das Thema des 13. Münchener Restrukturierungsforums am 12. April 2018. Das Podium war sich einig, dass mit dem ESUG vieles besser, aber noch nicht alles gut werde.
Andreas Warner von Deloitte begrüßte über 100 Gäste und
leitete zu der Frage über, welche Erkenntnisse nach der Reform der
Insolvenzordnung durch das sog. ESUG (Einführung des Gesetzes zur weiteren
Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) vor 5 Jahren heute gezogen werden
können. „Derzeit läuft die Evaluierung des ESUG und eine Analyse steht an.“
Marie Luise Graf-Schlicker, Leiterin der Abteilung Rechtspflege, Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, berichtete in ihrem Vortrag zunächst von den Neuerungen, die durch das ESUG geschaffen wurden, und gab dabei auch zu, dass nicht alles erreicht werden konnte, was man sich erhofft hatte. So konnte die flächenmäßige Konzentration im Gesetzgebungsverfahren nicht realisiert werden. Anschließend gab Graf-Schlicker interessante Einblicke in die bisherige Ministeriumsinterne Auswertung zu 5 Jahren ESUG: Das neu geschaffene „Schutzschirmverfahren“ gemäß § 270b InsO sollte nach dem Motto „wer früh kommt, darf auch das Zepter in der Hand behalten“ die Angst vor einem Insolvenzverfahren nehmen und zu einem beschleunigten Verfahren für alle Beteiligte führen. Gerade diese Neuerung durch das ESUG wird jedoch sehr kontrovers gesehen: so ist das Schutzschirmverfahren von Unternehmern sehr positiv aufgenommen worden. Dagegen agieren Gerichte bislang sehr zurückhaltend, wodurch sich aufgrund der langen Überprüfungen hinsichtlich der Geeignetheit und einer Skepsis gegenüber den Sachwaltern eher Verzögerungen als Beschleunigungen ergeben haben. Der Insolvenzplan als Sanierungsinstrument mit seinen gesellschaftsrechtlichen Regelungsmöglichkeiten habe sich etabliert, der eingeführte Debt-Equity-Swap, der vehement gefordert worden sei, friste jedoch bislang eher ein Schattendasein.
In der an diesen Impulsvortrag anschließenden Podiumsdiskussion diskutierten der Pariser Rechtsanwalt Reinhard Dammann von Clifford Chance und der Münchener Insolvenzverwalter Axel W. Bierbach von Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen mit Graf-Schlicker unter der Leitung von Andreas Dimmling von GSK Stockmann und Alexander Reus von anchor Rechtsanwälte.
Bierbach zeigte auf, dass es im Bereich der Eigenverwaltung sehr gegensätzliche Erfahrungen gebe. Dabei biete gerade dieses Verfahren die besten Chancen auf eine erfolgreiche Rettung des Unternehmens. So nannte er das Beispiel des Modeaccessoire-Unternehmen Roeckl, das sich in Eigenverwaltung sanieren konnte und heute wieder erfolgreich auf dem Markt präsent ist. Sein Petitum an die Justiz lautete daher, dass eine Nachjustierung hinsichtlich des ausufernden Anforderungskatalogs an den Schuldner dringend erforderlich und nötig sei, um die Eigenverwaltung in der Praxis attraktiv machen zu können.
Einen spannenden Einblick in die französische Praxis konnte Dammann geben. So betrifft in Frankreich 95 % aller Restrukturierungsfälle nur die Umgestaltung der Passivseite, welche in einem Vorverfahren abgeschlossen werden. Dies resultiert seiner Ansicht nach darin, dass ein Insolvenzverfahren in Frankreich nur mit einem starken und guten Insolvenzverwalter funktionieren kann. Im Gegensatz zu Frankreich gäbe es in Deutschland dagegen kaum solche außergerichtlichen Vorbilder, da hierzulande „die Eigenverwaltung in der Insolvenz gerade kein Schreckgespenst sei“.
Das Fazit des Münchener Restrukturierungsforums nach 5 Jahren ESUG war daher folgendes: Graf-Schlicker wies darauf hin, dass die Erkenntnis wachsen würde, dass eine Spezialisierung der Richterschaft allgemein und der Insolvenzrichter im Besonderen notwendig sei. Bierbach ergänzte, dass der Job eines Insolvenzrichters grundsätzlich attraktiver gemacht werden müsse. Dammann gab zu bedenken, dass im Vergleich und Gegensatz zu Frankreich Deutschland einen zu starken Fokus im Insolvenzrecht auf den Gläubiger anstelle des Schuldners legen würde.
Burkhard Jung von Restrukturierungspartner sagte als Mitveranstalter des Münchener Restrukturierungsforums dazu: „Ich bin gespannt, ob sich unser Eindruck mit der öffentlichen Evaluierung der Expertenkommission decken wird.“
Das Münchener Restrukturierungsforum ist eine Plattform für Experten der Branche und wird von anchor Rechtsanwälte, Deloitte, GSK Stockmann und Restrukturierungspartner in München veranstaltet. Es bringt zwei Mal pro Jahr alle an der Sanierung eines Unternehmens Beteiligte zusammen. Hochrangige Gäste stellen aus verschiedenen Blickwinkeln ein aktuelles Thema vor und teilen ihr Expertenwissen mit den Gästen in der Diskussion. Im Herbst 2018 findet die nächste Ausgabe des Münchener Restrukturierungsforums statt. Weitere Informationen finden Sie unter: www.muenchener-restrukturierungsforum.de.
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