20.03.2015 - Kategorie "Insolvenzverfahren"

Anwälte mahnen Reformen im Insolvenzrecht an

 Umsetzung der Reform des Konzerninsolvenzrechts angemahnt.

Entschuldete Verbraucher nicht weiter stigmatisieren


Auf dem 12. Deutschen Insolvenzrechtstag der vom 18. bis 20. März 2015 in Berlin stattfindet, wird die Umsetzung der Reform des Konzerninsolvenzrechts angemahnt.

Die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung des Deutschen Anwaltvereins (DAV) fordert den Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens. Die Pläne für eine Reform der Vorsatzanfechtung werden kritisch beurteilt. Der DAV fordert grundsätzlich eine Harmonisierung von Insolvenz- und Steuerrecht. Zudem fordern die Anwälte bei durchlaufender Verbraucherinsolvenz die Angaben auf Wirtschaftsauskunfteien (z. B. Schufa) früher zu löschen.
 

"Nachdem das Konzerninsolvenzrecht in das Parlament eingebracht wurde und die Anhörungen stattgefunden haben, sollte dieses Gesetz von seiner "Halteposition" befreit werden", so Rechtsanwalt Dr. Martin Prager, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung des DAV. Der DAV begrüße den Gesetzentwurf, nachdem pro Gesellschaft ein Verfahren durchzuführen ist und nicht etwa eine Konsolidierung der Verfahren stattfindet. Auch sei die Bestellung eines einheitlichen Verwalters in mehreren Verfahren sinnvoll.

 

Skeptisch beurteilt Prager die Überlegungen zur Reform der Vorsatzanfechtung. Die Anfechtung soll Insolvenzverwaltern die Möglichkeit geben, Zahlungen für die Gläubiger in die Masse zurückzuholen, die durch die Firmen in Situationen geschehen, in denen der Zahlungsempfänger Kenntnis von der Insolvenzreife des Unternehmens hat. Zwar verschließt sich der DAV nicht gegen Reformüberlegungen. Allerdings könne das Anfechtungsrisiko dazu führen, dass die Geschäftsbeziehungen nicht aufrechterhalten, sondern vorzeitig beendet werden. Dies könnte ein Unternehmen frühzeitig in die Insolvenz führen. Hierzu Prager: "Eine zu weit gehende Reform der Vorsatzanfechtung kann die Sanierungschancen von Unternehmen in der Krise reduzieren".

 

Die DAV-Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung fordert die Harmonisierung von Insolvenz- und Steuerrecht. "Die fehlende Harmonisierung stellt nach wie vor ein Sanierungshemmnis erster Ordnung dar", betont Prager. In erster Linie gehe es um Rechtsklarheit und nicht darum, Steuerprivilegien für die Insolvenzverwalter zu schaffen. An Rechtsklarheit fehlt es dann, wenn zwei Rechtszüge, nämlich der zu Zivilgerichten und der zu den Finanzgerichten, zu widersprüchlichen Lösungsansätzen führen, wie dies heute geschieht. Das Bundesministerium der Finanzen wird hier leider zurzeit nicht aktiv. "Dabei lässt das Bundesfinanzministerium die Chance verstreichen, die Staatseinnahmen zu steigern", betont Prager. Die Steigerung käme daher, dass bei einer Sanierung weiterhin Unternehmens- und Lohnsteuer zu entrichten sind, wohingegen bei einer Schließung Arbeitslosenzahlungen und Sozialversicherungsausfälle anfallen würden.

 

Insgesamt wird die Lage der Branche als kritisch bewertet. Die Zahl und die Werthaltigkeit von Insolvenzverfahren gehen weiter nach unten. Die Branche der Insolvenzverwalter befindet sich in einem Anpassungsprozess, der sicher zu Schrumpfungen führen wird. Eine mögliche Gefahr für Unternehmen besteht in dem niedrigen Zinsniveau. Dadurch könnten Managementfehler in Unternehmen kaschiert werden. "Managementfehler gibt es immer, sie sind bei guter Konjunktur- und Zinslage nur nicht sicherbar", erläutert Prager. Allerdings würde sich das dann irgendwann rächen und die Zahl der Insolvenzverfahren wieder in die Höhe schnellen.

 

Das niedrige Zinsniveau beeinträchtige auch langfristig die Altersvorsorge und führe zur Altersarmut. Daher wird ein Anstieg der Verbraucherinsolvenzen in Zukunft aufgrund des demografischen Faktors erwartet.

 

Die Angaben über eine erfolgte Entschuldung von Verbrauchern müsse, etwa bei der "Schufa", früher gelöscht werden. "Entschuldete Verbraucher dürfen nicht länger stigmatisiert werden", so Rechtsanwalt Kai Henning, Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung des DAV und Sprecher der Arbeitsgruppe Verbraucherinsolvenz und Restschuldbefreiung.

 

Daher fordert der DAV, dass nun endlich nach zahlreichen Ankündigungen eine unverständliche Benachteiligung der Schuldner beseitigt wird, die eine Restschuldbefreiung bereits erreicht haben. Denn nach wie vor wird die Erteilung der Restschuldbefreiung, also ein an sich positives Merkmal, für max. fast vier Jahre in öffentlichen Dateien gezeigt. Rechtlicher Hintergrund ist, dass die Veröffentlichung der Erteilung der Restschuldbefreiung auf der amtlichen Seite Insolvenzbekanntmachungen.de private Wirtschaftsauskunfteien ("Schufa") gem. § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG berechtigt, die Angaben drei Jahre lang ab Ende des Jahres der Erteilung zu zeigen. Auf der amtlichen Seite werden sie dagegen schon nach einem halben Jahr gelöscht. Diese Speicherung erleben viele ehemalige Schuldner im Geschäftsverkehr als massive Behinderung. Bei der Wohnungssuche muss bspw. häufig eine sogenannte "Schufa-Selbstauskunft" vorgelegt werden. Die positive Information, das Verfahren als redlicher Schuldner durchlaufen zu haben und jetzt schuldenfrei zu sein, wird hier vom negativen Hinweis, früher in einem Insolvenzverfahren gewesen zu sein, vollständig verdrängt. Aus Schuldnerberaterkreisen wird diese lange Speicherzeit bereits zum Anlass genommen, mit den Schuldnern demnächst ein eintragungsfreies Planverfahren anzustreben. Der Petitionsausschuss des deutschen Bundestages hat eine Überprüfung und Änderung dieser Speicherpraxis durch einen Neufassung des § 35 BDSG bereits 2013 angeregt (S. 131 Jahresbericht 2013 Petitionsausschuss Deutscher Bundestag). Aktuell hat sich mit Prof. Dr. Heyer ein erfahrener Insolvenzrichter ebenfalls zum wiederholten Male für eine Änderung eingesetzt (Zeitschrift für das Verbraucher- und Privat-Insolvenzrecht 2015, S. 45). Der Gesetzgeber sollte diese Anregungen jetzt unverzüglich aufnehmen und eine Löschungsfrist von einem halben Jahr für alle Dateien gesetzlich verankern.

 




Bild: © D.Playford

Wollen Sie umgehend informiert werden, wenn es Neuigkeiten zu diesem Verfahren gibt?


Testen Sie kostenfrei und unverbindlich 3 Tage lang diese Funktionalität - zum Beispiel über unser "Risk-Paket" - und wir benachrichtigen Sie, sobald zum Verfahren neue Nachrichten oder neue Beschlüsse vorliegen.


Jetzt zur Paketauswahl