ARGE Insolvenzrecht & Sanierung zur Insolvenz der FTI Touristik GmbH
Der Reiseanbieter FTI Touristik GmbH befindet sich seit dieser Woche in einem vorläufigen Insolvenzverfahren.
Dem vorangegangen sind Verhandlungen mit der Bundesregierung
über einen Überbrückungskredit, welche fehlgeschlagen sind. Für viele Reisende
bedeutet das nun einen Ausfall ihrer (Rück-)Reisen. Wofür es das
Insolvenzverfahren braucht und wie Verbraucher nun vorgehen sollten, ordnet die
ARGE Insolvenzrecht & Sanierung ein.
Dr. Rainer Eckert, Co-Vorsitzender der ARGE Insolvenzrecht
& Sanierung, erklärt hierzu: „Das Insolvenzverfahren dient der Sicherung
der Forderungen aller Gläubiger und hat überdies eine wichtige Ordnungsfunktion
in unserem Wirtschaftssystem. Wenn ein Unternehmen erkennt, dass es
voraussichtlich nicht mehr in der Lage sein wird, alle seine Verbindlichkeiten
zu erfüllen, ist es gesetzlich dazu verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu
stellen. Der vom Gericht einzusetzende Verwalter hat dann die Aufgabe, das noch
vorhandene Vermögen zu verwerten und gleichmäßig auf die Gläubiger zu
verteilen. Hierdurch wird sichergestellt, dass alle Betroffenen gleichbehandelt
werden und nicht manche vollkommen befriedigt werden, während andere leer
ausgehen.“
Es handelt sich bereits um die zweite Insolvenz eines großen
Reiseanbieters in den vergangenen Jahren. Erst 2019 hatte das britische
Unternehmen Thomas Cook Insolvenz angemeldet und konnte sich trotz erheblicher
staatlicher finanzieller Unterstützung letztlich nicht halten. Viele Reisende
konnten ihren Urlaub nicht antreten, Tausende saßen im Ausland fest. Daraufhin
wurde am 25. Juni 2021 das „Gesetz über die Insolvenzsicherung durch
Reisesicherungsfonds und zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften“ verabschiedet,
welches auch der Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie dient. Die in
Umsetzung des Gesetzes gegründete Deutscher Reisesicherungsfonds GmbH unterhält
Absicherungsverträge mit einer Vielzahl von Reiseunternehmen, die den Reisenden
die Rückzahlung ihres Reisepreises im Falle einer Insolvenz sichern sollen.
Der Reisesicherungsfonds tritt jedoch entsprechend seines
gesetzlichen Auftrags nur für Pauschalreiseverträge ein, betrifft also nur
solche Reisen, die mindestens zwei verschiedene Arten von Reiseleistungen
umfassen (§ 651a Abs. 2 S. 1 BGB). Reisende, die bei der FTI Touristik GmbH nur
eine Reiseleistung, etwa nur den Hotelaufenthalt, gebucht haben, sind auf das
allgemeine insolvenzrechtliche Verfahren angewiesen. Allerdings sollen
gestrandete Reisende, die ihre Urlaubsunterkünfte verlassen müssen oder an Bahnhöfen
und Flughäfen festsitzen, bei der Rückreise von der Deutscher
Reisesicherungsfonds GmbH unterstützt werden.
„Das Risiko einer Insolvenz des Vertragspartners trägt
grundsätzlich jede Vertragspartei selbst – für Pauschalreiseverträge fängt die
Deutscher Reisesicherungsfonds GmbH dieses Risiko auf, sodass es den
Verbraucher nicht trifft. Vor der Gesetzesänderung 2021 sind Verbraucher auch
bei Pauschalreisen größtenteils auf bereits gezahlten Reisekosten sitzen
geblieben – das Gesetz kommt nun erstmalig zur Anwendung und schützt die
Reisenden vor den mit einem Insolvenzverfahren verbundenen Unannehmlichkeiten
und Risiken“, erklärt Dr. Rainer Eckert.
Er führt fort: „Es ist dennoch richtig, dass der Bund nicht abermals mit Millionenbeträgen eingreift, denn gerade in der Insolvenz eines Unternehmens liegt eine Folge des für unsere Marktwirtschaft essenziellen Wettbewerbes: Am Markt haben nur solche Unternehmen Bestand, die wettbewerbsfähig sind und in der Regel ohne staatliche Unterstützung auskommen. Das Insolvenzrecht gibt uns im Zweifel die notwendigen Werkzeuge an die Hand, um ein Unternehmen nach Möglichkeit zu sanieren und wieder in den Markt zu integrieren.“
Die FTI Touristik GmbH hat nach entsprechender Anordnung des Gerichts – mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters – Ansprüche aus geschlossenen Reiseverträgen zu erfüllen. Das Unternehmen hat angekündigt, bereits gebuchte Reisen umfassend abzusagen und die sich im Ausland befindlichen Passagiere zurückzubefördern.
Sofern, was zu erwarten ist, in drei Monaten das Hauptverfahren auf das vorläufige Insolvenzverfahren folgen wird, werden alle Forderungen aus den Reiseverträgen zu Insolvenzforderungen. Sie können ab diesem Zeitpunkt nur im Rahmen des Verfahrens und nur aus der Insolvenzmasse befriedigt werden. Diese genügt regelmäßig nicht zur Erfüllung aller Insolvenzforderungen, weshalb die Verbraucher, für die der Reisesicherungsfonds nicht eintritt, auf Teilen ihres Reisepreises sitzen bleiben werden. Pauschalreisende sollten sich schnellstmöglich direkt beim Reisesicherungsfonds melden und dort ihre Ansprüche geltend machen. Für die Betroffenen gibt es eine kostenfreie Hotline: +49 (0) 89 710 45 14 98.
Zur wirtschaftlichen Lage der FTI Touristik GmbH haben insbesondere erheblichen Einnahmeeinbußen im Rahmen der Corona-Pandemie beigetragen. Das Unternehmen hatte aus dem staatlichen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) Beihilfen in Höhe von ca. 600 Millionen Euro erhalten, welche bislang nur in zweistelliger Millionenhöhe zurückgezahlt wurden. Die Bundesregierung hat bereits angekündigt, die FTI Touristik GmbH nicht mit einem weiteren Überbrückungskredit unterstützen zu wollen. Aus der Cook-Insolvenz hat man offenbar seine Lehren gezogen und beim Auswärtigen Amt einen Krisenstab eingerichtet, der Urlaubern die Heimreise erleichtern soll.
Über die Arbeitsgemeinschaft:
Die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht & Sanierung im Deutschen Anwaltverein (DAV) ist ein Zusammenschluss von über 1.400 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, deren berufliches Interesse sich besonders auf das Insolvenzrecht und die Sanierung von Unternehmen richtet. Die Arbeitsgemeinschaft ist seit November 1999 als solche im DAV organisiert. Sie ist bundesweit die größte deutsche Vereinigung von Insolvenzrechts- und Sanierungsexperten. Der Deutsche Insolvenzrechtstag, den die Arbeitsgemeinschaft 2004 ins Leben gerufen hat, ist die größte insolvenzrechtliche Veranstaltung in Europa. Darüber hinaus veranstaltet die Arbeitsgemeinschaft seit 2012 einmal jährlich den Europäischen Insolvenzrechtstag / European Insolvency & Restructuring Congress (EIRC) in Brüssel.
Wollen Sie umgehend informiert werden, wenn es Neuigkeiten zu diesem Verfahren gibt?
Testen Sie kostenfrei und unverbindlich 3 Tage lang diese Funktionalität - zum Beispiel über unser "Risk-Paket" - und wir benachrichtigen Sie, sobald zum Verfahren neue Nachrichten oder neue Beschlüsse vorliegen.