Bundestag erleichtert insolventen Verbrauchern Neustart
Restschuldbefreiung schon nach drei Jahren
Der Deutsche Bundestag hat heute das Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens verabschiedet. Für Privatpersonen, Selbständige und Einzelunternehmer, die einen Insolvenzantrag stellen, beträgt die Laufzeit bis zu einer Restschuldbefreiung nun drei Jahre. Bisher belief sich diese in Deutschland auf fünf bis sechs Jahre.
„Wir begrüßen es sehr, dass die Drei-Jahresregelung uneingeschränkt und unbefristet für Selbstständige und Verbraucher gilt“, betont Kai Henning, Fachanwalt für Insolvenzrecht und Sprecher der Arbeitsgruppe Verbraucherinsolvenz in der Arbeitsgemeinschaft. „Sehr wichtig ist uns darüber hinaus, dass es eine Versagung von Amts wegen, die einen gravierenden Systembruch dargestellt hätte, nicht geben wird.“ Die Arbeitsgruppe hatte sich entschieden gegen die Versagung der Restschuldbefreiung von Amts wegen ausgesprochen. „Das Insolvenzverfahren wird im Interesse der Gläubiger geführt. Daher ist es nur folgerichtig, dass auch nur sie die Ablehnung der Restschuldbefreiung beantragen können.“
Arbeitsgruppe kritisiert: Keine kürzere Speicherzeit für Daten
Kritisch sieht die Arbeitsgruppe, dass sich der Gesetzgeber nicht entschließen konnte, die Speicherzeit für Daten über die Erteilung der Restschuldbefreiung zu verkürzen. Wirtschaftsauskunfteien speichern die Information über die – an sich positive – Restschuldbefreiung weiterhin drei Jahre und damit auch die Information, dass die oder der Betreffende eine Insolvenz durchlaufen hat.
Welle von Verbraucherinsolvenzen erwartet: Aktuell fast sieben Millionen Menschen überschuldet
Für das nächste Jahr erwartet Henning eine Welle von Insolvenzanträgen: Viele, die gewartet haben, bis die Drei-Jahresregelung in Kraft ist, werden jetzt einen Insolvenzantrag stellen. Hinzu kommen die, die sich auf Basis des neuen Gesetzes nun dazu entscheiden. Die größte Gruppe werden jedoch die Menschen sein, die durch die Corona-Pandemie in eine wirtschaftliche Schieflage geraten. Hier trifft es besonders Kleinselbständige und kleine Unternehmergesellschaften, aber auch zahlreiche Privathaushalte. Bereits jetzt sind in Deutschland knapp sieben Millionen Bürger überschuldet. Henning macht Betroffenen Mut: „Eine Insolvenzverfahren kann auch eine Chance bieten. Es beendet eine prekäre Situation und entlastet den Weg zu einem wirtschaftlichen Neuanfang. Die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens ist dabei eine wesentliche Erleichterung.“
Die gesetzlichen Änderungen gelten rückwirkend ab dem 1. Oktober 2020. Ab sofort können also Anträge auf ein Insolvenzverfahren mit drei Jahren Laufzeit gestellt werden. Die Arbeitsgruppe Verbraucherinsolvenz und Restschuldbefreiung wurde als Untergruppierung der ARGE Insolvenzrecht und Sanierung 2001 gegründet. Die Arbeitsgruppe bietet Schuldner- und Gläubigervertretern, Insolvenzverwaltern und Treuhändern ein Diskussions- und Fortbildungsforum zu Fragen der Insolvenzverfahren natürlicher Personen.
Die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein (DAV) ist ein Zusammenschluss von über 1.300 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, deren berufliches Interesse sich besonders auf das Insolvenzrecht und die Sanierung von Unternehmen richtet. Die Arbeitsgemeinschaft ist seit November 1999 als Arbeitsgemeinschaft im DAV organisiert. Sie ist bundesweit die größte deutsche Vereinigung von Insolvenzrechts- und Sanierungsexperten. Der Deutsche Insolvenzrechtstag, den die Arbeitsgemeinschaft 2004 ins Leben gerufen hat, ist die größte insolvenzrechtliche Veranstaltung in Europa. Darüber hinaus veranstaltet die Arbeitsgemeinschaft seit 2012 einmal jährlich den Europäischen Insolvenzrechtstag / European Insolvency & Restructuring Congress (EIRC) in Brüssel.
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