19.09.2014 - Kategorie "Sanierung"

Distressed Investoren: Keine Zocker, sondern Retter in der Not

Insolvenz: „Distressed Investments – Zocken in der Pleite oder Rettung in der Not?“

In seiner vierten Auflage hat sich das Düsseldorfer Restrukturierungsforum dem spannenden Thema Distressed Investments gewidmet.


Das Interesse war groß: Fast 140 Gäste verfolgten am 16. September das Impulsreferat von Dr. Frank Nikolaus und die anschließende Podiumsdiskussion mit Dr. iur.h.c. Rainer M. Bähr, Oliver Kehren und Jens Nawrath.

Das Thema „Distressed Investments – Zocken in der Pleite oder Rettung in der Not?“ hatten die Veranstalter bewusst provokant angelegt. Jedoch „entschärfte“ Dr. Frank Nikolaus, Partner bei der Corporate Finance Boutique Nikolaus & Co. LLP und Vorstand der TMA Deutschland e.V., gleich zu Beginn der Veranstaltung in seinem Impulsvortrag die Provokation. Seiner Überzeugung nach sind Distressed Investoren keine Pleitegeier. Im Gegenteil: Distressed Investoren können einen Mehrwert in allen Phasen der Unternehmenskrise bieten. Vor allem seien sie keine Spieler oder Zocker, denn sie wögen Risiken und Chancen ab.


Aber, so Nikolaus weiter: Der traditionelle deutsche Mittelstand sei hinsichtlich seiner Kapitalstruktur relativ konservativ aufgestellt und somit bislang den alternativen Investoren nicht wirklich aufgeschlossen. Das Interesse von Distressed Investoren sei jedoch vorhanden. Das Problem sind seiner Ansicht nach die kulturellen, rechtlichen und moralischen Differenzen und die geringen Transaktionsgrößen. Dennoch rät er Unternehmen in Krisensituationen: „Es kann sich lohnen, wenn man früh genug los läuft, mit dem Teufel zu paktieren“. Das Fazit des Impulsvortrages von Dr. Nikolaus brachte es auf den Punkt: „Distressed Investoren retten sogar in der Pleite und zocken nicht einmal in der Not“.


Oliver Kehren, Managing Director bei Morgan Stanley in London und Vorstandsmitglied bei der TMA Deutschland e.V., beschäftigt sich seit Jahren mit dem Kauf von notleidenden Firmenkrediten in Portfolio- und Einzeltransaktionen und ist auch in der Re- und Zwischenfinanzierung von Unternehmen in Krisensituationen aktiv. Aus seiner Sicht sind folgende Branchen in Deutschland bei den Distressed Investoren gerade besonders „in“: Real Estate sei ein Dauerbrenner, Schiffe und vor allem die Alternativen Energien seien aktuell besonders gefragt. Solche Assetklassen seien leichter zu bewerten als andere. Die Anzahl der großen Transaktionsvolumina sei in Deutschland aber zu klein, wodurch weniger Interesse bei großen Distressed Investoren bestünde. Doch die vorherrschende Rechtssicherheit und das etablierte gerichtliche Rahmengerüst erhöhe die Attraktivität enorm. „Deutschland ist ein interessanter Markt, auch wenn es leider derzeit nicht genug große Assets gibt“, bedauert Kehren.


Auch aus Sicht von Dr. iur.h.c. Rainer M. Bähr, Rechtsanwalt und Partner HERMANN Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, ist Deutschland ein interessanter Markt für Distressed Investoren. „Von je weiter weg man schaut, desto interessanter und attraktiver wird Deutschland“, so der Insolvenzverwalter. Noch überwiegen seiner Ansicht nach die nationalen Investoren, aber es gäbe auch Insolvenz- oder Sanierungsfälle, bei denen internationale Investoren eingestiegen seien. Beispiele seien der Flughafen Lübeck, Q-Cells, Solarworld oder Mifa. Aber er verweist deutlich auf den § 1 InsO: Als Insolvenzverwalter sei es seine oberste Pflicht, die Gläubiger zu befriedigen. „Als Insolvenzverwalter nehme ich grundsätzlich das Geld, was ich kriege. Natürlich halte ich mich dabei ans Gesetz. Aber ich bin kein Moralapostel. Meine Kernaufgabe ist es nicht, zu klären, ob der Investor der Richtige für das Unternehmen ist. Entscheidend ist vor allem das, was am Ende die meiste Quote bringt“.


Auch der vierte Diskutant in der Runde, Jens Nawrath (Managing Director Leonardo & Co. GmbH), bricht eine Lanze für die Distressed Investoren: Der schlechte Ruf der ihnen vorauseile und Begriffe wie „Heuschrecken“ seien nicht gerechtfertigt. Wenn man richtig mit den entsprechenden Partnern kommuniziere und klare Grenzen setze, funktioniere die Zusammenarbeit nicht anders als mit anderen Investoren. Den Beratern, die Unternehmen in Krisensituationen betreuen, legt er ans Herz, sich stärker mit Banken und Insolvenzverwaltern zu vernetzen. Auch sollten sie eine gute Investorenbasis und ein gutes Verständnis für die Banken mitbringen.


Einhellige Meinung aller vier Diskutanten und Fazit der Veranstaltung: Distressed Investoren sind viel besser als ihr Ruf. Um nochmals das Fazit aus dem Impulsvortrag von Dr. Nikolaus zu zitieren: „Distressed Investoren retten sogar in der Pleite und zocken nicht einmal in der Not“. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel.


Die Veranstalter des Düsseldorfer Restrukturierungsforums sind Deloitte, hww wienberg wilhelm, SK Dienstleistungs GmbH, Taylor Wessing und White & Case. Im Frühjahr 2015 findet die nächste Ausgabe des Düsseldorfer Restrukturierungsforums statt.


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