Frankfurter Restrukturierungsforum: NPL-Experten unter sich
„NPLs reloaded – Führt die EZB-Richtlinie zu einem Comeback des Handels mit NPLs?“ lautete das Thema beim Frankfurter Restrukturierungsforum am 14. Oktober 2019. Die NPL-Experten waren sich einig: Der NPL-Handel in Deutschland ist nach wie vor zurückhaltend und Portfolioverkäufe finden eher aus geschäftsstrategischen Gründen statt. Rund 115 Gäste verfolgten die lebhafte Diskussion.
Nach der Begrüßung durch Julia
Kappel-Gnirs (hww hermann wienberg wilhelm) führte Prof. Dr. Christoph Schalast
(Rechtsanwalt, Notar, Managing Partner, Schalast Rechtsanwälte Notare &
Acadamic Director M&A, Frankfurt School of Finance & Management) in das
Thema des Abends ein.
In seinem Impulsreferat befasste sich Schalast mit der
Frage, was die Trigger für ein Beleben des NPL-Handels sein könnten. Die
eigentlichen Adressaten der neuen EZB-Richtlinie seien aufgrund ihrer hohen
NPL-Bestände derzeit die Banken der EU-Länder Spanien, Italien und
Griechenland. Seiner Auffassung nach könnten mehrere Umstände als "Game
Changer" für den NPL-Handel in Betracht kommen: Ein Faktor stelle die
Bankenunion dar. Schalast berichtete, dass die europäische Einlagensicherung
nicht verwirklicht werde, solange insbesondere die südeuropäischen Staaten noch
derart hohe NPL-Risiken in ihren Büchern hätten. Sollte die Bankenunion
politisch gewollt sein, müssten sich die Banken von ihren NPL-Beständen
trennen, was folglich zu einer Belebung des NPL-Marktes führen würde. Als
weiteres Kriterium nannte Schalast die Konjunktur. Eine sich verschlechternde
Konjunktur in Deutschland könne das Handelsvolumen von NPL-Transaktionen
erhöhen. Technisch betrachtet befinde sich die deutsche Wirtschaft in einer
Rezession, da in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen in 2019 die deutsche
Wirtschaftsleistung rückläufig gewesen sei. Schalast räumte jedoch ein, dass
über das gesamte Wirtschaftsjahr 2019 mit einem leichten Wirtschaftswachstum
gerechnet werde. Des Weiteren hänge der NPL-Handel von der Handelspolitik ab.
Der Brexit und internationale Handelskriege könnten zu einer weiteren
Konjunkturabschwächung und somit ebenfalls zu einer Erhöhung der NPL-Bestände
führen, was wiederum höhere Handelsaktivitäten auslösen könnte. „Die andauernde
Niedrigzinspolitik und insbesondere die Anleihenkäufe der EZB kann durch das
Bundesverfassungsgericht als nicht verfassungskonform verworfen werden und eine
daraus folgende Erhöhung der Zinsen kann unter Umständen zu Marktverwerfungen
führen“, berichtete Schalast. Als weiteren Treiber nannte der Rechtsanwalt das
Marktklima. Als Reaktion auf die regulatorischen Vorgaben für die Banken sei im
Kreditmarkt eine gewisse Zurückhaltung bei der Kreditvergabe an Unternehmen
festzustellen. Dies könne zu Liquiditätsengpässen führen. Außerdem habe die
fortschreitende Digitalisierung disruptive Auswirkungen in vielen Branchen und
könne daher ebenfalls als "Game Changer" in Betracht kommen. Zuletzt
berichtete Schalast von dem aktuellen NPL-Barometer der BKS (Bundesvereinigung
Kreditankauf und Servicing e.V.), in der eine leichte Trendwende zu mehr
Handelsaktivitäten bei den Marktteilnehmern von NPL-Transaktionen zu beobachten
gewesen sei.
In der anschließenden
Podiumsdiskussion – moderiert von Daniel Mair (Ernst & Young GmbH
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) und Frank Primozic (BEITEN BURKHARDT) –
diskutierten die Panelisten, ob aus Sicht der Banken und Investoren eine
Belebung des NPL-Marktes zeitnah zu erwarten sei.
Claus Radünz (Executive
Director Risikomanagement Spezialkredite - Portfolio Management, Landesbank
Baden-Württemberg) sah bei den inländischen Banken aktuell keinen großen
Abbaubedarf mehr, da der NPL-Bestand auf einem historisch niedrigen Stand sei.
Die Banken würden vornehmlich unter dem Gesichtspunkt der Optimierung der
Eigenkapitalbelastung agieren. Der Banker gab allerdings zu bedenken, dass die
positive Wirtschaftsentwicklung in den vergangenen Jahren in Deutschland bei
den Banken zur Reduzierung von Personal in den Workout-Abteilungen geführt
habe. Radünz vermutete, dass diese Entwicklung möglicherweise zukünftig
vermehrt zu strategischen Portfolioverkäufen
führen könne. Außerdem seien in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von neuen
spezifischen NPL-Investoren hervorgetreten, die sich auf spezielle Branchen
fokussierten. Er empfahl, dass grundsätzlich versucht werden solle,
Problemkredite selbst zu sanieren. „Der Portfolioverkauf ist lediglich die
Ultima Ratio“, so Radünz. Zurzeit sehe er daher noch keine Belebung der
Verkaufsaktivitäten auf dem deutschen Markt.
Oskar von Kretschmann (Managing
Director, European Head Illiquid and Distressed Sourcing Global Banking and
Markets, HSBC Deutschland) beobachtet dagegen aktuell mehr Marktaktivitäten.
Neben NPLs würden die Transaktionen teilweise auch Performing Loans betreffen.
Grund hierfür sei oft die Optimierung des Eigenkapitals der Banken. Von
Kretschmann berichtete außerdem, dass die Zurückhaltung der Banken bei der
Kreditvergabe zu erhöhten Aktivitäten der Direct-Lending-Funds führe, was
wiederum strategische Transaktionen zur Folge haben könne.
In Bezug auf den
Immobilienmarkt schätzte Thomas Wiegand (Managing Director, Cerberus
Deutschland Beteiligungsberatung GmbH) die Situation der NPLs nach wie vor gut
ein, wobei die Sorgen der Investoren größer würden. Zudem bestünde das Risiko,
dass die größeren Sorgen der Investoren bzw. Projektentwickler und die
Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe zu einer „Self-Fulfilling-Prophecy“
führen könnten.
Die Podiumsdiskutanten kamen zu
dem Fazit, dass der NPL-Handel in Deutschland nach wie vor verhalten sei.
Portfolioverkäufe würden eher gelegentlich aus geschäftsstrategischen Gründen
stattfinden. Anders könne sich der NPL-Markt in Süd- und Osteuropa entwickeln,
da dort die Bilanzen der Banken bei Weitem nicht bereinigt seien.
Die Veranstalter des Frankfurter Restrukturierungsforums sind BEITEN BURKHARDT, Brinkmann & Partner Rechtsanwälte | Steuerberater | Insolvenzverwalter, Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, hww hermann wienberg wilhelm und Restrukturierungspartner. Das Restrukturierungsforum ist eine Plattform für Experten der Branche und bringt zwei Mal pro Jahr alle an der Sanierung eines Unternehmens Beteiligten zusammen. Hochrangige Gäste stellen aus verschiedenen Blickwinkeln ein aktuelles Thema vor und teilen ihr Expertenwissen mit den Gästen in der Diskussion. Mehr unter: www.frankfurter-restrukturierungsforum.de. Die nächste Veranstaltung findet im Frühjahr 2020 statt.
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