Kritik an Staatsanwaltschaft im Immobilienskandal um German Property Group
Im Fall des mutmaßlichen Anlegerbetrugs der Immobilienfirma German Property Group aus Niedersachsen gibt es scharfe Kritik an dem zögerlichen Verhalten der Staatsanwaltschaft Hannover.
"Ich habe es in 36 Jahren Strafverteidigererfahrung noch nie erlebt, dass eine Staatsanwaltschaft so lange zuwartet," sagt Rechtsanwalt Wolfgang Kubicki. Er vertritt Anleger aus Großbritannien. Bei der Staatsanwaltschaft liegen mehrere Strafanzeigen unter anderem gegen den ehemaligen Geschäftsführer der German Property Group (GPG) Charles Smethurst vor, die älteste von Dezember 2019. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seitdem wegen Anlagebetrugs und Insolvenzverschleppung. Doch passiert ist offenbar nur wenig, das zeigen Recherchen von NDR, BR und Süddeutscher Zeitung
Etwa eine Milliarde Euro sammelte die inzwischen insolvente Immobilienfirma CPG - ehemals Dolphin Trust - von Anlegern in aller Welt ein. Dabei spielte der Standort Deutschland eine zentrale Rolle und diente offenbar als Lockmittel: Im scheinbar sicheren Deutschland sollte das Geld in zum Teil denkmalgeschützte Immobilien investiert werden, um diese aufwendig zu sanieren und teuer zu verkaufen. Den Anlegern wurden Renditen von bis zu 15 Prozent in Aussicht gestellt.
Spätestens seit der Insolvenz der Firma ist klar: Ein Großteil des Geldes ist verschwunden - mehrere hundert Millionen Euro.
Im Zuge des Insolvenzverfahrens hatten Journalistinnen und Journalisten von NDR, BR und Süddeutscher Zeitung die Möglichkeit, tausende Akten auszuwerten. Sie konnten Geldflüsse und Unternehmensstrukturen nachzeichnen. Demnach floss das Geld unter anderem in Provisionen von Finanzvermittlern und in Geschäfte von Familienangehörigen des Firmengründers. Die Staatsanwaltschaft Hannover bestätigte, dass sie diese Dokumente bisher nicht ausgewertet hat. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, sie erwarte seit Monaten eine vollständige Erklärung des ehemaligen Geschäftsführers und Gründers der GPG, Charles Smethurst, der im Verfahren gegenüber der Staatsanwaltschaft Hannover angekündigt habe zu kooperieren. Nach Recherchen ist diese weitere Einlassung bis heute nicht bei der Staatsanwaltschaft eingegangen. Zu weiteren Details möchte sich die Staatsanwaltschaft aus ermittlungstaktischen Gründen nicht äußern.
Die Recherchen zeigen, auch andere deutsche Behörden hatten bereits mit GPG zu tun. Denn seit mehreren Jahren wurden Bilanzen der Unternehmensgruppe nur unvollständig oder gar nicht erstellt. So fehlen aktuell offenbar etwa 700 Jahresabschlüsse der GPG Gesellschaften. Das Bundesamt für Justiz mahnte nach den Recherchen mehrfach eine Offenlegung an und verhängte Ordnungsgelder. Doch mehr passierte anscheinend nicht. Diese Strafzahlungen wurden wohl von GPG-Gesellschaften vielfach beglichen, eine Veröffentlichung der Abschlüsse blieb dennoch aus. Solange die Strafen gezahlt werden, habe das Bundesamt für Justiz keine weitere Handhabe, teilt es auf Nachfrage mit. Zum konkreten Fall äußert sich das Bundesamt nicht.
So gelang es der Firmengruppe GPG über Jahre hinweg mit Hilfe eines undurchsichtigen Firmengeflechts Anlegergeld einzuwerben. Dazu gehören mehr als 200 Gesellschaften mit ungefähr 60 bis einhundert Immobilien in Deutschland. Der Wert der vorhandenen Immobilien und Grundstücke wird aktuell auf nur ungefähr 150 Millionen Euro geschätzt. Wo der Rest der eingeworbenen Investorengelder in Höhe von etwa einer Milliarde Euro ist, ist unklar. Charles Smethurst hat nicht auf die Fragen von NDR, BR und Süddeutscher Zeitung reagiert.
Die German Property Group meldete im Juli 2020 Insolvenz an. Der Insolvenzverwalter Justus von Buchwaldt will sich momentan nicht zu dem Fall äußern, der Ausgang des Insolvenzverfahrens ist noch offen.
Sendehinweis: Mittwoch, 9. Dezember, 21.00 Uhr, "kontrovers" BR Fernsehen.
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