29.09.2022 - Kategorie "Insolvenzverfahren"

Qualitätskriterien für bundesweite Liste zu Insolvenzverwalterschaft

Empfehlungen für eine Insolvenzverwalterliste des Deutscher Restrukturierungs- und Insolvenzgerichtstag e.V.

Empfehlung des I. Deutschen Restrukturierungs- und Insolvenzgerichtstages (DRIT)


Eine bundesweite Liste zu Insolvenzverwalterinnen und -verwaltern soll entstehen und die darin erfassten, einheitlichen Qualitätskriterien bei Auswahl und Bestellung von Insolvenzrichterinnen und -richtern berücksichtigt werden. Diese Empfehlung gaben die stimmberechtigten Teilnehmer durch ihr Votum mit großer Mehrheit beim I. Deutsche Restrukturierungs- und Insolvenzgerichtstag (DRIT).


Die Premiere in Erfurt besuchten mehr als 100 Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik.

 

Ihre vergleichbaren Leistungsdaten könnten Insolvenzverwalterinnen und -verwalter hinterlegen und das Gesamtbild durch verifizierte Kennzahlen von Dritten abgerundet werden. Dazu zählen könnte der Erhalt von Arbeitsplätzen, die Quoten zur Gläubigerbefriedigung, die zeitliche Dauer und die Kosten von Verfahren oder für die Massemehrung durch insolvenzspezifische Ansprüche.

 

Darüber hinaus wurden Vorschläge bei der Premiere dieses Gerichtstages vorgelegt, wonach große Insolvenzgerichte mit umfassender Zuständigkeit geschaffen werden sollten. Diese Forderung wurde intensiv und kontrovers beim ersten DRIT diskutiert – insbesondere zur Frage, ob es solcher großen Insolvenzgerichte überhaupt bedürfe und falls ja, ob diese an Amts- oder Landgerichten zu bilden seien. Die Anregungen aus der Diskussion werden aufgegriffen und der (Fach-)Öffentlichkeit später vorgestellt. Die Diskussionsgrundlagen vorbereitet hatten die Mitglieder der „Ständigen Deputation“, konkret der Ausschuss I zur „Qualität des Gerichts in Restrukturierung und Insolvenz“ sowie Ausschuss II zur „Qualität des Insolvenzverwalters“.

 

„Meine Erwartungen an die Premiere wurden weit übertroffen. Wir hatten lebhafte Diskussionen erhofft – und erhalten“, sagte der Vizepräsident und stellvertretende Vorsitzende des DRIT e. V., Dr. Stephan Beth, Richter am Amtsgericht Ludwigshafen. Die positiven Rückmeldungen zahlreicher Teilnehmender aus Verwalterschaft, Justiz, Ministerien und anderen Fachgruppen rund um Restrukturierung und Insolvenz hätten den Bedarf nach einer übergreifenden Plattform für rechts- und gesellschaftspolitische Fragestellungen im Kontext mit Restrukturierung und Insolvenz bestätigt.

 

André Rombach, Geschäftsführer des Vereins und Rechtsanwalt in der Kanzlei Rombach Rechtsanwälte Insolvenzverwalter, zog ebenfalls zufrieden Bilanz und richtete den Blick schon auf die Zukunft: „Unsere Veranstaltung hat das Ziel des ausführlichen Austausches inklusive außergewöhnlich interessanten Auftritten unserer rund 20 Bühnengäste voll erfüllt. Den Schwung aus dem erfreulichen Feedback zur Premiere nehmen wir mit für die Vorbereitungen des II. Deutschen Restrukturierungs- und Insolvenzgerichtstages im kommenden Jahr.“

 

Rund um die Qualität der Insolvenzverwaltung gibt es offensichtlich jede Menge an Klärungsbedarf, dies belegten sowohl die Vorträge auf dem Podium als auch die Wortbeiträge aus dem Publikum. In der Nachbetrachtung vergangener Bemühungen dazu konstatierte etwa Prof. Dr. Volker Römermann, Vorstandsvorsitzender der Römermann Rechtsanwälte AG, deutlich: „Wir kommen seit 20 Jahren keinen richtigen Schritt voran und brauchen endlich einen Neustart.“ Er sprach dabei konkret die gesicherte Qualifikation von Insolvenzverwaltern sowie die anzustrebende Qualität der Prozesse und Ergebnisse von Insolvenzverfahren an.

 

Zur aktuellen Situation der praktischen Umsetzung des Insolvenzrechts wies der ehemalige BGH-Richter Prof. Dr. Gerhard Pape als DRIT-Präsident schon zur Eröffnung des Gerichtstags darauf hin, dass mit einer Unterminierung eines regulären Insolvenzgeschehens durch „die Politik des billigen Geldes“ und die Aussetzungen der Antragspflicht der Rückgang der Verfahren auf ein Rekordtief einhergehe, was trotz diverser Krisen eine Reihe von eigentlich nicht überlebensfähigen „Zombie-Unternehmen“ auf dem Markt belasse. Der Justizminister von Thüringen, Dirk Adams, bestätigte in seinem Grußwort, dass Wirtschaftsminister Dr. Robert Habeck stellvertretend für die Bundesregierung auch weiterhin alles versuchen werde, um keine Insolvenzwelle bei Unternehmen aufbranden zu lassen.

 

Mit seiner Analyse zu „Inflation und Insolvenz“ machte der ehemalige Chefvolkswirt der Deutsche Bank Gruppe, Prof. Dr. Thomas Mayer, allerdings am zweiten Kongresstag klar: „Ich kann den Insolvenzverwaltern unter Ihnen eindeutig große Hoffnung machen, dass Sie viel zu tun bekommen werden.“ Die „Zombifizierung“ von Unternehmen unter anderem durch die Verschmelzung von Geld- und Fiskalpolitik und durch andere staatliche Eingriffe sorge nur für eine Verschiebung vieler Firmenpleiten. Dafür seien Insolvenzverwalter „mit Gold nicht aufzuwiegen“, hatte zuvor Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow via Videobotschaft übermittelt, denn sie stehen nach seiner Erfahrung „auch als ehemaliger Gewerkschaftssekretär“ als „notwendige Garanten“ dafür, dass sie zwar für die Zukunft von Menschen arbeiten, aber dennoch als „verborgene Spezies“ gelten.

 


 

Kurzporträt

Deutscher Restrukturierungs- und Insolvenzgerichtstag e.V. (DRIT)

Der DRIT e. V. ist unabhängig. Er vereint Profis rund um das Recht und die Praxis zu Restrukturierung, Sanierung und Insolvenz. Die Vereinigung verfolgt das Ziel, den fundierten Dialog von Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft permanent zu pflegen, um den Umgang mit Krisen bis zu Insolvenzen von Unternehmen wettbewerbsfähig zu gestalten – auch international. Dabei dient der Zweck aller Aktivitäten dazu, in Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft und Justiz sowie in der Öffentlichkeit mehr Transparenz und Verständnis für Rahmenbedingungen von Restrukturierungen oder Insolvenzverfahren zu schaffen. Dazu wird mit Beginn des Jahres 2022 künftig regelmäßig den Deutschen Restrukturierungs- und Insolvenzgerichtstag ausgerichtet. Veranstaltungen wie Foren, Seminare, Lehrgänge oder Kolloquien ergänzen das Informationsangebot. Der DRIT e. V. versteht sich als übergreifende Plattform für die Diskussionen und den Interessensausgleich, die in Unternehmenskrisen erfahrungsgemäß auftreten. Die Vereinigung wird Vorschläge für Verbesserungen präsentieren und an fortschrittlichen Lösungen (mit-)arbeiten, um die deutsche Wirtschaft auch in schwierigen Lagen zu stärken.


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