21.11.2014 - Kategorie "Sanierung"

Restrukturierung auf Chinesisch?

Sanierung im Insolvenzverfahren

Der Trend ist eindeutig, erklärt der Verband der Restrukturierungsexperten anlässlich der Jahreskonferenz in Frankfurt:


Investoren für deutsche Restrukturierungsfälle sind inzwischen Hedgefonds und Private-Equity-Fonds aus Asien, dem Mittleren Osten und USA. Sie haben die Banken abgehängt und bestimmen den Markt in Europa. Dies stellt die deutscheWirtschaft vor neue Herausforderungen. Auch im Ausbildungssektor wird reagiert. Die TMA verleiht das erste Qualitätssiegel für Zertifikatslehrgang.


Die Restrukturierungsbranche durchläuft eine neue Ordnung. Deutsche und europäische Banken verlassen das Feld. Sie haben ihre Bilanzen seit 2012 um rund 3,5 Billionen Euro geschrumpft, wie die Royal Bank of Scotland vorgerechnet hat. Und der Trend hält laut Einschätzung der TMA weiter an. „Grund sind die von der EZB ausgegebenen strikten regulatorischen Vorgaben und Stresstests, sogenannte „asset quality reviews AQR“, die Kreditinstitute in ihrer Vergabe von Darlehen in Krisensituationen einschränken“, erklärt Dr. Frank Nikolaus, Nikolaus & Co. und Vorsitzender der TMA. Diesen Engpass nutzen Private-Equity-Fonds und Hedgefonds vor allem aus dem Mittleren Osten, Asien und USA. Sie investieren in deutsche und europäische Unternehmen, die saniert werden müssen und dominieren inzwischen den Markt. Für die deutsche und europäische Restrukturierungsbranche bedeutet dies ein Umdenken. „Auch die Erwartungen internationaler Investoren an ein verständliches und vorhersehbares Restrukturierungsumfeld in Deutschland wachsen enorm“, so Dr. Nikolaus. „Ein Grund mehr, den schon in der vergangenen Legislaturperiode intendierten Schritt zu einem echten Sanierungsverfahren zu gehen. Dies muss ein Verfahren sein, das schnell und still abläuft, zugleich aber stark und selektiv eingreift, um eine Restrukturierung der bisherigen Stakeholder-Struktur eines Krisenunternehmens zu erreichen, und dies sicher vor späterer Anfechtung. Wir nennen das die ‚5 S‘ eines von der TMA Deutschland geforderten außerinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahrens“, legt der Vorsitzende der TMA dar.


Die Auto-Zubehör- und Werkstattkette A.T.U. gehört mittlerweile dem US-amerikanischen Investor Centerbridge. In einem hochkomplexen Restrukturierungsverfahren erlangte Centerbridge Kontrolle vom KKR und reduzierte die auf dem Unternehmen liegende Schuldenlast um mehrere hundert Millionen Euro. Die Entschuldung erfolgte jedoch in einem englischen „Administration Verfahren“, das in wenigen Tagen durchgeführt wurde - im Vergleich zu einem ESUG Verfahren sehr schnell und ohne negative PR.


„Bei den Asiaten geht es nicht mehr nur um Technologietransfer“, weiß Oliver Kehren, Vorstandsmitglied der TMA Deutschland und Managing Director, Morgan Stanley. Q-Cells wurde von Koreanern übernommen und der Löschfahrzeughersteller Ziegler wurde an einen chinesischen Logistikkonzern verkauft. „Diese Transaktionen zeigen, dass Investitionsentscheidungen für Technologien und Marken langfristig und auf Basis von globalen Geschäftsmodellen entschieden werden, die bis dahin so nicht vorstellbar waren“, erläutert Kehren weiter. 


Die Anzahl der Restrukturierungsfälle nimmt in Deutschland weiter zu. Nicht nur die Investoren verändern sich, auch die Anforderungen im nationalen und internationalen Umfeld werden immer komplexer. Länderübergreifende Sanierungsmaßnahmen, regulatorische und juristische Rahmenbedingungen wie zum Beispiel das ESUG und neue gesamtwirtschaftliche Herausforderungen bestimmen die Restrukturierungspraxis. Dementsprechend befindet sich auch das Aus- und Weiterbildungsangebot in diesem Bereich im Wandel.


Um qualitativ hochwertiges Arbeiten in der Komplexität von Sanierungsfällen gewährleisten zu können, hat die TMA Deutschland e.V. ein Qualitätssiegel entwickelt, womit Ausbildungs- und Weiterbildungsangebote in der Sanierungsbranche zertifiziert werden. „Wir brauchen Sanierungsmanager mit Weitblick“, ergänzt auch Eva Ringelspacher, Vorsitzende des Zertifizierungsausschusses der TMA und Direktorin im Bereich Intensive Care Corporates Restructuring , Commerzbank AG. Mit dem Siegel unterstreicht der unabhängige Verband die Notwendigkeit, Qualitätsstandards zu setzen und die Professionalisierung mit zu entwickeln. Das erste TMA Siegel erhält heute Prof. Dr. Henning Werner für den Zertifikatslehrgang Restrukturierungs- und Sanierungsberater des IfUS-Instituts in Heidelberg im Rahmen der 8. Jahreskonferenz in Frankfurt.





TMA Deutschland e.V.

Die TMA Deutschland e.V. ist der deutsche Berufsverband der Restrukturierungsexperten, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die Rahmenbedingungen der Unternehmensrestrukturierung und –sanierung in Deutschland für alle Unternehmensbranchen zu optimieren und auf EU-Ebene zu harmonisieren. 2006 gegründet, hat sich die TMA schnell als wichtigstes Organ zum Thema Restrukturierung entwickelt. Die rund 250 Mitglieder der TMA sind Vertreter namhafter Unternehmen und Organisationen aus den Bereichen Unternehmensberatung, Rechtsberatung, Wirtschaftsprüfung, Corporate Finance sowie Banken und setzen sich innerhalb der TMA aus dem Blickwinkel des jeweiligen Geschäftsfeldes für unterschiedliche Schwerpunkte in Fragen rund um Restrukturierung und Insolvenz ein. Die TMA bietet durch ihre monatlich stattfindenden Stammtische regelmäßig Austauschmöglichkeiten zwischen den Mitgliedern, sowie Vortragsmöglichkeiten. Die TMA Deutschland e.V. ist Mitglied des internationalen Verbands Turnaround Management Association mit Sitz in Chicago, Illinois, USA (www.turnaround.org) und ist politisch neutral und unabhängig.



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