Unionmatex: Insolvenzverwalter strebt Klage gegen Turkmenistan an
Insolvenzverwalter strebt Klage gegen Turkmenistan vor einem internationalen Schiedsgericht der Weltbank an
Der Insolvenzverwalter der Unionmatex
Industrieanlagen GmbH, der Chemnitzer Rechtsanwalt Dr. Dirk Herzig von
Schultze & Braun, strebt eine Klage gegen Turkmenistan an. Er wirft
dem Staat vor, durch ständige Einmischung und verzögerte oder gänzlich
verweigerte eigene Mitwirkung an mehreren gemeinsamen Projekten in
Turkmenistan hauptverantwortlich für die Insolvenz der Chemnitzer
Unionmatex Industrieanlagen GmbH zu sein. Dr. Dirk Herzig macht
insgesamt mindestens 26 Millionen Euro Ansprüche gegenüber Turkmenistan
geltend.
Der Hintergrund: Nachdem das Unternehmen eine
öffentliche Ausschreibung gewonnen hatte, schloss Unionmatex im Jahr
2008 auf ausdrückliche Veranlassung des turkmenischen Präsidenten
Gurbanguly Berdimuhamedow zunächst Verträge über den schlüsselfertigen
Bau von fünf Getreidemühlen und zwei kleinen Einkaufszentren mit
integrierten Bäckereien in mehreren turkmenischen Ortschaften mit
Turkmengallonumleri Cereal Products Association (kurz: GALLA) ab. GALLA
ist ein Staatsunternehmen für Landwirtschaft und Getreideverarbeitung
unter der Kontrolle des turkmenischen Landwirtschaftsministeriums. Noch
im Laufe des Jahres 2008 kam der Vertrag über den Bau eines weiteren
Einkaufszentrums hinzu. Insgesamt belief sich die Vertragssumme auf
knapp 150 Millionen Euro. Bis zum Jahr 2011 sollten die Anlagen
errichtet sein.
„Aber von Beginn der Arbeiten an kam es zu
Verzögerungen, weil turkmenische Behörden Zoll- und Visafreigaben nicht
rechtzeitig erteilten oder GALLA vereinbarte Anzahlungen nicht leistete.
Auf den Baustellen gab es nicht einmal Gas, Wasser und Energie, obwohl
GALLA das zugesichert hatte“, berichtet Insolvenzverwalter Dr. Herzig.
„Das führte zu Verzögerungen, während gleichzeitig die turkmenische
Polizei, die Staatsanwaltschaft und der Geheimdienst auf den Baustellen
massiv Druck ausübten, um eine fristgerechte Fertigstellung zu
erreichen.“
Durch die ständigen Behinderungen stiegen die Kosten
für Unionmatex massiv. Nach einem vorläufigen Baustopp Ende 2010
einigten sich Unionmatex und GALLA schließlich auf eine zusätzliche
Vergütung des Mehraufwandes für das Chemnitzer Unternehmen in Höhe von
14 Millionen Euro. Zwar wurden die Bauarbeiten im März 2011 wieder
aufgenommen, jedoch kam es weiterhin zu Schwierigkeiten durch die
Einmischung turkmenischer Behörden und andauernde Zahlungsverweigerungen
seitens GALLA. Nach einem erneuten Baustopp Ende 2011 übernahm GALLA
zunächst selbst mit nicht autorisierten Arbeitern den weiteren Bau,
konnte die Projekte allerdings nicht fertigstellen. Zudem forderte GALLA
Unionmatex auf, gegen die Zahlung von 500.000 Euro auf alle weiteren
Ansprüche zu verzichten. „Das konnte die Geschäftsführung von Unionmatex
natürlich keinesfalls akzeptieren“, sagt Dr. Herzig.
Nach
ergebnislosen Verhandlungen unter Einbeziehung höchster politischer
Kreise erhob GALLA schließlich im August 2012 Klage gegen Unionmatex vor
einem turkmenischen Gericht, um die bestehenden Verträge aufheben zu
lassen. Das Gericht gab dem statt, GALLA vergab die Projekte an
türkische Unternehmen.
„Der Ablauf des Verfahrens widersprach
allen rechtsstaatlichen Grundsätzen“, sagt Insolvenzverwalter Dr.
Herzig. „Der Anwalt der Unionmatex durfte an der Verhandlung zum
Beispiel gar nicht teilnehmen. Er wurde von der turkmenischen Regierung
offenbar massiv unter Druck gesetzt, bis er schließlich sein Mandat
niederlegte. Eine im Oktober 2012 von Unionmatex eingereichte Klage auf
Zahlung der Abschlussvergütung und Herausgabe von enteigneten
Baumaschinen des Unternehmens wird von turkmenischen Gerichten überhaupt
nicht bearbeitet. Die ausstehenden Zahlungen haben schließlich dazu
geführt, dass Unionmatex 2014 den Geschäftsbetrieb einstellen und
Insolvenz anmelden musste. Der ganze Vorgang widerspricht dem
Investitionsschutzabkommen, das Deutschland und Turkmenistan
abgeschlossen haben.“
Nachdem mehrere Versuche einer
außergerichtlichen Einigung scheiterten, will Dr. Herzig nun den
Klageweg vor einem internationalen Schiedsgericht auf der Grundlage des
deutsch-turkmenischen bilateralen Investitionsschutzabkommens
beschreiten. „Mit Hilfe der Spezialisten der internationalen Abteilung
von Schultze & Braun sowie mit einem erfahrenen Anwaltsteam von
Gleiss Lutz, die schon einmal ein Verfahren gegen Turkmenistan
erfolgreich bestritten haben, dem ebenso willkürliches staatliches
Verhalten zu Grunde lag, werden wir ein Schiedsverfahren vor dem
International Centre for Settlement of Investment Disputes einleiten,
das bei der Weltbank in Washington angesiedelt ist“, erklärt Dr. Herzig.
„Zunächst aber liegt der Ball noch einmal auf der Seite Turkmenistans.
Es läuft eine sechsmonatige Frist, die Klage doch noch abzuwenden.“
Über Schultze & Braun
Schultze
& Braun ist ein führender Dienstleister für Insolvenzverwaltung und
Beratung von Unternehmen in der Krise. Mit rund 650 Mitarbeitern an
mehr als 40 Standorten in Deutschland und im europäischen Ausland
vereint Schultze & Braun als einer der wenigen Anbieter juristischen
und betriebswirtschaftlichen Sachverstand unter einem Dach. Schultze
& Braun unterstützt Unternehmen regional, national und international
in allen Sanierungs- und Restrukturierungsfragen, führt sie durch Krise
und Insolvenz oder zeigt, wie sich Insolvenzen vermeiden lassen.
Darüber hinaus berät und vertritt Schultze & Braun Mandanten in
Fragen der klassischen Unternehmens-, Rechts- und Steuerberatung.
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