10.09.2020 - Kategorie "Statistik"

Ausgesetzte Antragspflicht führt zu weniger gemeldeten Unternehmensinsolvenzen

Auswirkungen der deaktiierten Insolvenzantragspflicht

1. Halbjahr 2020: Ausgesetzte Antragspflicht führt zu weniger gemeldeten Unternehmensinsolvenzen als im Vorjahreszeitraum


Im 1. Halbjahr 2020 meldeten die deutschen Amtsgerichte 9 006 Unternehmensinsolvenzen. Das waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) 6,2 % weniger als im 1. Halbjahr 2019. Die wirtschaftliche Not vieler Unternehmen durch die Corona-Krise spiegelt sich somit bislang nicht in einem Anstieg der gemeldeten Unternehmensinsolvenzen wider. Ein Grund dafür ist, dass die Insolvenzantragspflicht für Unternehmen seit dem 1. März 2020 ausgesetzt ist.

 

Die meisten Unternehmensinsolvenzen gab es im 1. Halbjahr 2020 im Wirtschaftsbereich Handel (einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen) mit 1 485 Fällen (1. Halbjahr 2019: 1 653). Unternehmen des Baugewerbes stellten 1 462 Insolvenzanträge (1. Halbjahr 2019: 1 586). Im Gastgewerbe wurden 1 004 (1. Halbjahr 2019: 1 143) und im Bereich der freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen wurden 974 (1. Halbjahr 2019: 1 032) Insolvenzanträge gemeldet. 


Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger aus beantragten Unternehmensinsolvenzen stiegen nach Angaben der Amtsgerichte im 1. Halbjahr 2020 deutlich auf 16,7 Milliarden Euro. Im 1. Halbjahr 2019 hatten sie noch bei 10,2 Milliarden Euro gelegen. Dieser Anstieg der Forderungen bei gleichzeitigem Rückgang der Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist darauf zurückzuführen, dass im 1. Halbjahr 2020 mehr wirtschaftlich bedeutende Unternehmen Insolvenz beantragt hatten als im selben Zeitraum 2019. 


Neben den Unternehmensinsolvenzen meldeten 38 680 übrige Schuldner im 1. Halbjahr 2020 Insolvenz an. Das waren 11,8 % weniger als im Vorjahreszeitraum. Darunter waren 27 992 Insolvenzanträge von Verbraucherinnen und Verbrauchern (-14,5 % gegenüber dem 1. Halbjahr 2019) sowie 8 729 Insolvenzanträge von ehemals selbstständig Tätigen. 


Der große Rückgang an Insolvenzanträgen von Verbraucherinnen und Verbrauchern erklärt sich zum einen durch den eingeschränkten Betrieb der zuständigen Insolvenzgerichte während der Corona-Pandemie und einer damit verlängerten Bearbeitungszeit. Zum anderen haben Verbraucherinnen und Verbraucher vermutlich den Zeitpunkt ihres Insolvenzantrages aufgrund der Corona-Pandemie zeitlich nach hinten verschoben. 


August 2020: Trend hält an – Deutlich weniger eröffnete Regelinsolvenzverfahren als im Vorjahr 

Auch für den August 2020 zeigen die vorläufigen Angaben zu den eröffneten Regelinsolvenzen wie bereits in den vorangegangenen Monaten eine deutliche Abnahme an Verfahren. Im Vergleich zum August 2019 sank die Zahl der eröffneten Regelinsolvenzverfahren um 38,9 %. Diese vorläufigen Angaben veröffentlicht das Statistische Bundesamt seit dem Berichtsmonat März 2020, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie frühzeitig abzubilden.



Beantragte Unternehmensinsolvenzen nach Wirtschaftszweigen in Deutschland
1. Halbjahr 2020


Wirtschaftszweig

Verfahren insgesamt

 

Anzahl

 

Insgesamt

9 006

 

Land- und Forstwirtschaft, Fischerei

57

 

Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden

3

 

Verarbeitendes Gewerbe

812

 

Energieversorgung

42

 

Wasserversorgung; Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen

25

 

Baugewerbe

1 462

 

Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kfz

1 485

 

Verkehr und Lagerei

652

 

Gastgewerbe

1 004

 

Information und Kommunikation

295

 

Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen

186

 

Grundstücks- und Wohnungswesen

251

 

Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen

974

 

Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen

942

 

Erziehung und Unterricht

90

 

Gesundheits- und Sozialwesen

169

 

Kunst, Unterhaltung und Erholung

178

 

Sonstige Dienstleistungen

379

 

 



Bild: © Tumisu / pixabay

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