29.10.2020 - Kategorie "Sanierung"

Automobilzulieferer in der Krise: Jetzt frühzeitig Sanierung beginnen

Aktuell steigen die Insolvenzzahlen in der Automobilindustrie deutlich an

Rechtzeitige Restrukturierung rettet Arbeitsplätze - Aussetzung der Insolvenzantragspflicht kein Freifahrtschein


Aktuell steigen die Insolvenzzahlen in der Automobilindustrie deutlich an. Viele Zulieferunternehmen stehen durch die Umbrüche, die die Entwicklung der E-Mobilität mit sich bringt, vor existenziellen Herausforderungen. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie wirken dabei wie ein Brandbeschleuniger. Die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein (DAV) appelliert an die betroffenen Unternehmen, jetzt rechtzeitig die Weichen in Richtung Restrukturierung und Sanierung zu stellen.

 

„Geschäftsleiter sind rechtlich verpflichtet, bei drohender erkennbarer Krise weitergehende Maßnahmen zu ergreifen“, betont Rechtsanwalt Jörn Weitzmann, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein. Er warnt davor, die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung als Freifahrtschein zu betrachten. Die Aussetzung gilt ganz ausdrücklich nur für Unternehmen, die coronabedingt in wirtschaftliche Schieflage geraten sind. Bei vielen Automobilzulieferern sind es jedoch die gewaltigen Transformationsprozesse und die damit verbundenen massiven Investitionen, die zu hohen Schulden geführt haben.

 

Doch noch ein anderer Grund spricht dafür, früh aktiv zu werden: „Je frühzeitiger ein Insolvenzantrag gestellt wird, desto besser sind die Chancen auf einen Turnaround“, betont Weitzmann. „Sanierungsmaßnahmen können gar nicht früh genug eingeleitet werden.“ Mit dem Einsatz zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Krise steige die Wahrscheinlichkeit, dass diese eine dynamisch ablaufende Verlustentwicklung oder Liquiditätsenge abbremsen oder gar verhindern. Unternehmen mit einem zukunftsfähigen Geschäftsmodell könnten sich so neu aufstellen. „Das rettet Arbeitsplätze.“

 

Bereits vor rund vier Jahren hatte die Arbeitsgemeinschaft davor gewarnt, dass viele Unternehmen die Einführung der Elektromobilität nicht überleben würden und damit nachhaltig Arbeitsplätze verloren gehen könnten. „Die Politik sollte sensibel mit solchen Warnungen zu Insolvenzentwicklungen umgehen. Anderenfalls wird kostbare Zeit verschwendet“, so Weitzmann.

 

Hintergrund:

Laut dem Verband der Automobilindustrie (VDA) hat ein Fünftel der Zulieferer aktuell nur noch Liquidität für maximal drei Monate. Im ersten Halbjahr 2020 haben mehr Unternehmen aus der Automobilbranche den Gang zum Insolvenzgericht angetreten als im gesamten Jahr 2019. Auf eine entsprechende Studie verweist das Fachmagazin Automobil Industrie.

 



Die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein (DAV) ist ein Zusammenschluss von über 1.300 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, deren berufliches Interesse sich besonders auf das Insolvenzrecht und die Sanierung von Unternehmen richtet. Die Arbeitsgemeinschaft ist seit November 1999 als Arbeitsgemeinschaft im DAV organisiert. Sie ist bundesweit die größte deutsche Vereinigung von Insolvenzrechts- und Sanierungsexperten. Der Deutsche Insolvenzrechtstag, den die Arbeitsgemeinschaft 2004 ins Leben gerufen hat, ist die größte insolvenzrechtliche Veranstaltung in Europa. Darüber hinaus veranstaltet die Arbeitsgemeinschaft seit 2012 einmal jährlich den Europäischen Insolvenzrechtstag / European Insolvency & Restructuring Congress (EIRC) in Brüssel.


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