Germania: konkrete Angebote von Investoren
Bei der insolventen Fluggesellschaft Germania geht der Investorenprozess in die nächste Phase. Dem vorläufigen Insolvenzverwalter Rüdiger Wienberg liegen konkrete Angebote auf eine Übernahme des operativen Geschäftsbetriebs vor. Unterdessen haben auch die Konzern-Dachgesellschaft sowie eine weitere Gesellschaft Insolvenzantrag gestellt.
Für das Gesamtpaket, bestehend aus einem Großteil des Streckennetzes der Germania Fluggesellschaft mbH sowie Wartungs- und Service-Kapazitäten der Germania Technik GmbH und der Germania Flugdienste GmbH, gibt es drei Interessenten, zwei davon haben inzwischen ein Gebot abgegeben. Daneben gibt es eine Reihe von Interessenten, die Wartungs- und/oder Service-Leistungen ohne den Flugbetrieb übernehmen wollen. „Wünschenswert ist natürlich eine Gesamtlösung“, sagte Wienberg. „Wir konzentrieren uns aber in dieser Phase noch nicht auf ein Szenario, sondern verhandeln beide Möglichkeiten parallel.“ Bei den Kandidaten, die jetzt noch im Prozess sind, handelt es sich fast ausschließlich um strategische Investoren, d.h. Unternehmen aus der Branche. Details nannte der vorläufige Insolvenzverwalter mit Rücksicht auf geltende Verschwiegenheitsvereinbarungen nicht.
Wienberg strebt eine sog. „übertragende Sanierung“ an, bei der Geschäftsbetrieb oder Teile davon auf eine neue, insolvenzfreie Gesellschaft verkauft und übertragen werden. Kommt es zu einer Übertragung des Flugbetriebs, würde dieser von dem Investor kurzfristig wieder hochgefahren und von der neuen Gesellschaft fortgeführt. Damit dies trotz des vor drei Wochen vom Luftfahrtbundesamt (LBA) verhängten „Groundings“ möglich ist, setzt sich Wienberg weiterhin intensiv dafür ein, die nötigen luftfahrtrechtlichen Genehmigungen sowie die wesentlichen Slots zu sichern. Auch einsatzbereite Crews sowie gewartete und einsatzbereite Maschinen stehen weiter zur Verfügung.
Wienberg betonte, dass bei einer Investorenlösung Ansprüche von Germania-Kunden nicht mit übergehen. „Bei einer übertragenden Sanierung übernimmt der Investor nur den Geschäftsbetrieb, nicht die Verbindlichkeiten des Unternehmens“, stellte der vorläufige Insolvenzverwalter klar. „Ansprüche von Passagieren auf Beförderung oder auf Rückerstattung gestrichener Flüge bleiben nach geltendem Insolvenzrecht zwingend Teil der Insolvenzmasse.“ Hintergrund ist, dass das Insolvenzrecht bewusst Anreize dafür setzt, den Geschäftsbetrieb und die Arbeitsplätze notleidender Unternehmen zu erhalten. Weil beim Verkauf eines aktiven Geschäftsbetriebs naturgemäß um ein Vielfaches höhere Erlöse zu erzielen sind als bei einer Stilllegung, kommt dies direkt den Gläubigern zugute.
Inzwischen hat die Bundesagentur für Arbeit der Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes auch für die Monate Februar und März zugestimmt. Dies betrifft die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller drei seit dem 5. Februar von der Insolvenz betroffenen Gesellschaften, deren Geld nun pünktlich zum Monatsende ausgezahlt werden kann. „Das ist nicht nur für die Kolleginnen und Kollegen eine gute Nachricht, sondern unterstreicht auch, dass eine Perspektive für Germania möglich ist“, so Wienberg. Die Bundesagentur für Arbeit bewilligt die Vorfinanzierung regelmäßig nur dann, wenn ernsthafte Aussichten auf eine Sanierung bestehen. „Dies konnten wir überzeugend darlegen.“
Unterdessen haben zwei weitere Gesellschaften der Germania-Gruppe Insolvenzantrag gestellt: die Konzernmutter Germania Beteiligungsgesellschaft mbH (7 Beschäftigte) sowie deren hundertprozentige Tochter Germania Reisen GmbH (4 Beschäftigte), die Reisen für den Veranstalter Vtours vermittelt. Mit Beschluss vom 26. Februar 2019 hat das zuständige Amtsgericht Charlottenburg Wienberg auch für diese Gesellschaften zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Wienberg verschafft sich heute dort mit seinem Team ein Bild der Lage. Hintergrund der Insolvenzanmeldung sind Verbindlichkeiten gegenüber den operativen Gesellschaften. Die Löhne und Gehälter der dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind über das Insolvenzgeld gesichert.
Die Fluggesellschaft Germania hatte am 4. Februar Insolvenzantrag gestellt. Das vorläufige Insolvenzverfahren betrifft die Gesellschaften Germania Fluggesellschaft mbH (1.426 Mitarbeiter), Germania Technik Brandenburg mbH (178 Mitarbeiter) und Germania Flugdienste GmbH (74 Mitarbeiter). Die Schweizer Germania Flug AG und die Bulgarian Eagle sind von der Insolvenz nicht betroffen.
Über Germania
Germania ist eine unabhängige deutsche Fluggesellschaft mit über 30 Jahren Unternehmensgeschichte. Auf Kurz- und Mittelstrecke flog die Airline mit dem grün-weißen Logo bis zum „Grounding“ am 5. Februar jährlich mehr als 4 Millionen Passagiere. Von 18 Abflughäfen in Europa bot Germania Verbindungen zu mehr als 60 Zielen innerhalb des Kontinents, nach Nordafrika sowie in den Nahen und Mittleren Osten an. Die Fluggesellschaft bot entgegen dem Trend den bewährten Service an Bord aus kostenfreien Snacks, Softdrinks, Zeitschriften und mindestens 20 Kilogramm Freigepäck. Im Geschäftsmodell vereinte Germania die Bereiche Linien-, Charter- und Werksverkehr. Zusammen mit der Schweizer Germania Flug AG und der Bulgarian Eagle betrieb Germania eine Flotte von 37 Flugzeugen. Für deren Wartung sorgt die Germania Technik Brandenburg.
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