Steinco zieht positive Zwischenbilanz im Eigenverwaltungsverfahren
Sanierungsverfahren soll Mitte des Jahres aufgehoben werden - Geschäftsbereiche Rollen und Schnellverschlusskupplungen verzeichnen Umsatzwachstum
Die
Gläubiger der Steinco Paul vom Stein GmbH in Wermelskirchen stehen weiter zum
Unternehmen und haben einstimmig für die Weiterführung der Eigenverwaltung
votiert. Zuvor hatte die Geschäftsführung den Sanierungsplan beim Prüfungs- und
Berichtstermin vor dem Amtsgericht Köln vorgestellt. „Mit diesem eindeutigen
Votum können wir die entwickelten Sanierungsmaßnahmen planmäßig und zügig
weiter umsetzen. Die Aufhebung des Verfahrens soll dann Mitte des Jahres
erfolgen“, erklärt Ralf Goos, Technischer Leiter Rollen und Räder.
Kernpunkte
des Konzeptes sind die Konzentration auf die beiden profitablen
Geschäftsbereiche Rollen und Schnellverschlusskupplungen sowie die daraus
resultierende Teilschließung der Dreherei. Die ersten Maßnahmen zeigen schon
gute Ergebnisse. Im Jahr 2018 konnten beide Bereiche ein Umsatzwachstum
verzeichnen, der Geschäftsbereich Schnellverschlusskupplungen (SVS) sogar um
fast 15 Prozent. „In beiden Bereichen sind die Auftragsbücher gut gefüllt. Wir
werden gestärkt aus dem Verfahren herausgehen“, schaut Steinco-Geschäftsführer
Michael Pesch positiv in die Zukunft. Vor allem im europäischen Ausland sowie
im Gesundheitswesen sieht der Vertriebsgeschäftsführer noch erhebliches
Wachstumspotenzial für Steinco. Medizinprodukte werden vor dem Hintergrund der
immer älter werdenden Gesellschaft verstärkt nachgefragt. So sind die
Steinco-Rollen und Räder bei Krankenhausbetten, Infusionsständern oder auch
portablen Röntgengeräten im Einsatz.
Im
zweiten Geschäftsbereich SVS hat Steinco das Kupplungssystem Bitec auf den
Markt gebracht, dass ein druckloses Öffnen der Kupplungen ermöglicht. Vor dem
Entkuppeln kann der Druck aus der Leitung zunächst entweichen, erst danach kann
die Kupplung drucklos geöffnet werden. Damit wird die Verletzungsgefahr
reduziert. Besonders bei Anlagen mit hohen Leitungsdrücken wird diese
Kupplungstechnik von Sicherheitsexperten empfohlen. Insbesondere im Maschinen-
und Anlagenbau ist diese innovative Lösung auf großes Interesse gestoßen.
Mit
der Teilschließung der Dreherei zieht das Traditionsunternehmen einen
Schlussstrich unter das defizitäre Geschäft im Automobilbereich. Die
Ausproduktion in dem Produktionsbereich hat bereits begonnen. Bis Ende April
werden die Automotivekunden noch mit Drehteilen beliefert, danach wird nur noch
für den Eigenbedarf gefertigt. Rund 50 Arbeitsplätze vor allem im Werk
Frohntalerstraße sind davon betroffen. Der Abbau erfolgt durch Altersteilzeit,
Ruhestandsregelungen, die Beendigung von befristeten Verträgen sowie den
Wechsel von 32 Mitarbeitern in eine Transfergesellschaft. Die
Transfergesellschaft bereitet die Mitarbeiter für einen neuen Arbeitsplatz
beispielsweise durch Bewerbertrainings vor und versucht, sie in neue Stellen zu
vermitteln. „Angesichts des Fachkräftemangels sehe ich sehr gute Chancen für
die Mitarbeiter, zumal viele ausgebildete Facharbeiter darunter sind. Elf
Kollegen konnten bereits einen neuen Job finden, und es würde uns freuen, wenn
sich noch mehr Unternehmen bei uns melden, die Fachkräfte suchen“, so Goos.
Steinco
hat nach dem bestandenen Prüfungs- und Berichtstermin einen wesentlichen
Meilenstein im Sanierungsverfahren erreicht. In diesem Termin vor dem
Amtsgericht stellt die Geschäftsführung die ersten Sanierungsmaßnahmen vor und
die Gläubiger entscheiden über den Fortgang des Verfahrens. „Das derzeitige
Kundeninteresse und die gute Auftragslage überrascht uns sehr. Vor dem
Verfahren befürchteten wir, dass die Kunden abspringen werden. Aber im
Gegenteil. Viele Lieferanten unterstützten uns in dieser Zeit und einige Kunden
bestellten sogar mehr als geplant. Viele Beteiligte wie auch unsere Mitarbeiter
begleiten uns in dieser Zeit mit großem Engagement. Allen gilt ein besonderer
Dank“, so Ralf Goos. Für den Technischen Leiter ist die Eigenverwaltung ein
gutes Instrument, um eine Firma, die noch Substanz hat, wieder auf Kurs zu
bringen und viele Arbeitsplätze zu retten. „Wichtig ist, dass sich ein
Unternehmen frühzeitig für die Eigenverwaltung entscheidet“, erklärt
Sanierungsexperte Volker Schreck, der das Unternehmen durch das Verfahren
begleitet. Steinco habe den Antrag Ende August 2018 bereits bei einer drohenden
Zahlungsunfähigkeit gestellt und damit „nun alle Hebel in der Hand, um die
Sanierung erfolgreich zu bewältigen.“ Schreck kommt von der Düsseldorf
Sanierungsberatung Buchalik Brömmekamp und stellte als
Sanierungsgeschäftsführer mehrfach Unternehmen wieder wettbewerbsfähig
auf.
Mit dem Sanierungsverfahren nutzt Steinco die neuen Möglichkeiten der Insolvenzrechtsreform, die im März 2012 in Kraft trat. Danach bleibt die Geschäftsführung in einem solchen Verfahren unter Insolvenzschutz weiterhin im Amt und kann selbstständig Sanierungsmaßnahmen entwickeln, die anschließend in einen Insolvenzplan überführt werden. Der Insolvenzplan zeigt die Maßnahmen für eine Fortführung des Unternehmens auf. Die beteiligten Gläubiger müssen diesem Plan zustimmen.
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