01.07.2015 - Kategorie "Insolvenzgeschehen allgemein"

hww ESUG-Radar

Verfahrensdauer bei Schutzschirmverfahren signifikant kürzer

3 Jahre ESUG: sinkende Anmeldezahlen – zufriedene Unternehmen – Nachsorge mit hohem Stellenwert


Im März dieses Jahres feierte das ESUG sein dreijähriges Bestehen. Drei Jahre konnte die Insolvenz- und Sanierungsszene Erfahrung mit dem Gesetz sammeln. Grund genug, ein Zwischenfazit zu ziehen. Für das aktuelle hww ESUG-Radar wurden die Zahlen der vergangenen drei Jahre zu Schutzschirmverfahren und zu Verfahren nach § 270a InsO analysiert. Außerdem wurden Unternehmen, die erfolgreich ein Eigenverwaltungsverfahren durchlaufen haben, zu ihren Erfahrungen befragt.

Für das hww ESUG-Radar wurden die Daten von 553 ESUG-Anträgen analysiert. Diese wurden vom INDat-Verlag zur Verfügung gestellt. Erste, wenn auch nicht neue Erkenntnis: Die Antragszahlen sind signifikant zurückgegangen. Bis zum 3. Quartal 2013 konnten ESUG-Anmeldungen absolut und relativ zulegen. Seitdem hat sich die Entwicklung gedreht und der Rückgang ist deutlicher als bei den Regelinsolvenzverfahren. Gleichzeitig ist feststellbar, dass vor allem die Anzahl der Schutzschirmverfahren abgenommen hat. Sie haben nur ein Drittel aller 270er-Verfahren ausgemacht, Tendenz weiter fallend. Schlechtere Erfolgsaussichten haben die Verfahren nach § 270b InsO jedoch nicht. Im Gegenteil. Immerhin 80 Prozent der Schutzschirmverfahren werden wie geplant aufgehoben, bei den 270a-Verfahren sind es „nur“ 50 Prozent. Auch die durchschnittliche Verfahrensdauer spricht für das Schutzschirmverfahren – diese ist 94 Tage kürzer als bei 270a-Verfahren. 


Der zweite Teil des hww ESUG-Radars beschäftigt sich mit den Erfahrungen derjenigen Unternehmen, die erfolgreich ein 270er-Verfahren durchlaufen haben. Befragt wurden diese zusammen mit dem Institut für Restrukturierung und Insolvenzmanagement (IRI) an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen. Gute Nachricht: Zwei Drittel der Befragten sind mit dem Verfahren zufrieden, wenn nicht sogar sehr zufrieden.


Auffallend: In keinem Verfahren wurde die Geschäftsführung vollständig ersetzt und nur ein Drittel gab an, die bestehende Geschäftsführung ergänzt zu haben. Mit zwei Dritteln berichtete das Gros der Befragten, dass die bisherige Geschäftsführung unverändert in der Eigenverwaltung Bestand hatte. Offenbar genügt in vielen Fällen eine Beratung der Geschäftsführung.


Handlungsbedarf für die Branche: Nur eine Minderheit der Befragten sieht die Grundlagen für eine nachhaltige Restrukturierung, die das Ziel eines jeden 270er-Verfahren sein sollte, vor dem Insolvenzantrag gelegt. Zu sehr steht allein die finanzwirtschaftliche Sanierung im Vordergrund. Aber: Nach erfolgreichem Durchlaufen des Verfahrens nehmen die Unternehmen, wenn auch etwas spät, die leistungswirtschaftliche Restrukturierung selbst in die Hand. Für sie hat die Fortsetzung des Restrukturierungsprozesses nach Abschluss des 270er-Verfahrens, die Nachsorge, einen hohen Stellenwert.


„Diese Ergebnisse bestätigen einmal mehr: Ein wesentliches Element einer nachhaltigen Restrukturierung eines Unternehmens stellt die ‚Nachsorge‘ dar. Hier besteht großer Handlungsbedarf, auch nach der Insolvenz“, erklärt Dr. Jochen Brinkmann, Geschäftsführer der hww Unternehmensberater GmbH.


 


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