Kritik am jetzt verabschiedeten Gesetz zur Behandlung von Sanierungsgewinnen
Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung übt Kritik am jetzt verabschiedeten Gesetz zur Behandlung von Sanierungsgewinnen
Der Bundestag hat das Gesetz gegen schädliche
Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen beschlossen.
Wesentlicher Bestandteil der neuen Regelung ist die steuerliche Behandlung von
Sanierungsgewinnen. Die Arbeitsgemeinschaft begrüßt die Neuregelung
grundsätzlich, sieht jedoch einiges sehr kritisch.
„Die neuen Regelungen sind sehr kompliziert und für den
steuerrechtlichen Laien kaum verständlich“, moniert Rechtsanwalt Jörn
Weitzmann, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im
Deutschen Anwaltverein (DAV). „Steuerrecht ist Eingriffsrecht. Gerade deswegen
ist vom Gesetzgeber zu erwarten, dass er den Gesetzestext so formuliert, dass
der Steuerpflichtige ihn auch ohne Berater verstehen kann.“
Benachteiligung der Einzelunternehmer
Inhaltlich sieht die Arbeitsgemeinschaft insbesondere die
Nicht-Berücksichtigung von Einzelunternehmern kritisch, die sich mit ihren
Gläubigern im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens einigen. Dies sei eine
ungerechtfertigte Schlechterstellung von Einzelunternehmern gegenüber
Verbrauchern und Unternehmen und stelle eine Belastung des Insolvenzplans als
Sanierungsinstrument da.
Auch ein Schuldenerlass, den Gläubiger einem
Einzelunternehmer geben, damit dieser etwa schuldenfrei in Rente gehen kann,
wird nicht begünstigt. Zum Beispiel ein Einzelhandelskaufmann, der sein
Geschäft schließen muss, weil er keinen Nachfolger findet: Er ist nicht mehr in
der Lage, die ihm von Lieferanten gewährten Kredite zurückzuzahlen. Diese sind
bereit, ihm die Kredite zu erlassen. Der Forderungsverzicht führt zu
steuerlichen Gewinnen bei dem Einzelhandelskaufmann, ohne dass allerdings
Liquidität zufließt. Auf diesen fiktiven Gewinn soll er aber nun Steuern zahlen
und wird so in die Insolvenz getrieben. Hier wird der ehrliche Unternehmer, der
sich offen und transparent mit seinen Gläubigern verständigt, nachhaltig
gehandicapt.
Inkrafttreten des Gesetzes verzögert sich
Das Inkrafttreten des neuen Gesetzes hängt von einem Beschluss der Europäischen Kommission ab. Diese muss zunächst feststellen, dass es sich nicht um staatliche Beihilfen handelt – der Zeitpunkt des Inkrafttretens ist also noch ungewiss. Die angestrebte Rechtssicherheit lässt auf sich warten.
Die gesetzliche Neuregelung war notwendig geworden, nachdem
der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 28. November 2016 den
Sanierungserlass des Bundesfinanzministeriums verworfen hatte, der die
Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen vorsah. Hierdurch war eine schwierige
Situation für die Unternehmen entstanden: Im Ergebnis bedeutete die
BFH-Entscheidung, dass die im Zuge der Sanierung neu eingebrachten
Finanzmittel, die das Unternehmen für den Neustart benötigt, durch die
steuerlichen Belastungen wieder abgesogen werden.
Die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein (DAV) ist ein Zusammenschluss von rund 1.500 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, deren berufliches Interesse sich besonders auf das Insolvenzrecht und die Sanierung von Unternehmen richtet. Die Arbeitsgemeinschaft ist seit November 1999 als Arbeitsgemeinschaft im DAV organisiert. Sie ist bundesweit die größte deutsche Vereinigung von Insolvenzrechts- und Sanierungsexperten. Der Deutsche Insolvenzrechtstag, den die Arbeitsgemeinschaft 2004 ins Leben gerufen hat, ist die größte insolvenzrechtliche Veranstaltung in Europa. Darüber hinaus veranstaltet die Arbeitsgemeinschaft seit 2012 einmal jährlich den Europäischen Insolvenzrechtstag/European Insolvency & Restructuring Congress (EIRC) in Brüssel.
Wollen Sie umgehend informiert werden, wenn es Neuigkeiten zu diesem Verfahren gibt?
Testen Sie kostenfrei und unverbindlich 3 Tage lang diese Funktionalität - zum Beispiel über unser "Risk-Paket" - und wir benachrichtigen Sie, sobald zum Verfahren neue Nachrichten oder neue Beschlüsse vorliegen.