Insolvenzverwalter fordert staatsanwaltliche Ermittlungen bei den Technischen Glaswerken Ilmenau GmbH
Der vorläufige Insolvenzverwalter im Verfahren über das Vermögen der Technischen Glaswerke Ilmenau GmbH, Rechtsanwalt Klaus Siemon, Erfurt, fordert die Einleitung eines staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens.
Nachdem das AG Erfurt am 9.5.2014 die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet hatte, werden nun erste Umstände sichtbar, die ein Tätigwerden der Ermittlungsbehörden notwendig machen.
Rechtsanwalt Siemon dazu: „ Die ersten Feststellungen im Verfahren sind so gravierend, dass es selbst einem erfahrenen Insolvenzrechtler die Sprache verschlägt. Der Geschäftsführer der TGI hat noch in einem Gespräch am 13.05.2014 die Stellung eines Eigeninsolvenzantrages mit der Begründung abgelehnt, es läge keine Zahlungsunfähigkeit vor. Die Rechtsvertreter des Geschäftsführers haben mittels Schreiben vom 13.05.2014 die Unterschrift des Geschäftsführers unter eine Rahmenvereinbarung mit der Begründung abgelehnt, ein Eigeninsolvenzantrag sei nicht gestellt. Die Unterzeichnung der Rahmenvereinbarung wäre erforderlich gewesen, um die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter über das Insolvenzgeld vorzufinanzieren. Die Mitarbeiter hätten damit die fälligen Löhne und Gehälter für März, April und später Mai 2014 gezahlt bekommen. Für die Sanierung wichtige Liquidität in Höhe von ca. 1 Mio € wäre dadurch von einer Bank zur Verfügung gestellt worden, was jetzt an der fehlenden Mitwirkung des Geschäftsführers gescheitert ist“.
Der Insolvenzverwalter hat seine Ermittlungen inzwischen fortgesetzt und dabei in Bezug auf den Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit Feststellungen getroffen. Dazu Rechtsanwalt Siemon: „ Wir haben 4.688 Mio € offene, fällige Kreditoren, 1.052 Mio € fällige Lohnverbindlichkeiten, 0,5 Mio fällige Sozialversicherungsbeiträge, 170.000 € fällige Lohnsteuern, 100.000 € fällige Versicherungsbeiträge, diverse offene, fällige Verbindlichkeiten gegenüber Energieversorgungsunternehmen und mehr festgestellt. Das Team der Insolvenzberater des Geschäftsführers hat zudem am 13.05.2014 fällige Rechnungen im Unternehmen hinterlassen in Höhe von ca. 100.000 € für Beratungshonorare. Die Versicherungsgesellschaften haben sämtliche Versicherungsverträge gekündigt, u.a. mit Schreiben vom 27.04.2014. Es besteht für das Unternehmen kein Versicherungsschutz mehr. Die Verträge zur Belieferung mit Gas und Energie sind gekündigt und laufen in Kürze aus.“
In Bezug auf die Zahlungsunfähigkeit berichtet Siemon weiter: „ Jeder weiß, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine Zahlungsunfähigkeit angenommen wird, wenn mehr als 10 % der fälligen Verbindlichkeiten nicht befriedigt werden können. Wir haben am 12.05.2014 eine Liquidität in Form von Bankguthaben in Höhe von 40.000 € festgestellt, die nicht ausreicht, um auch nur einen kleinen Bruchteil der fälligen Verbindlichkeiten bezahlen zu können. Noch am 12.05.2014 – also nach Anordnung der vorl. Verwaltung am 9.5.2014 -‐ hat der Geschäftsführer die äußerst enge Liquidität dadurch geschmälert, dass er von einem bis dahin nicht offenbarten Bankkonto mindestens zwei Onlineüberweisungen in Höhe von 10.000 € veranlasst hat.; aller Voraussicht nach zu seinen Gunsten oder zugunsten nahestehender Personen. Als Verwendungszweck ist aufgeführt: Anzahlung Honorare.“ Nach den bisherigen Ermittlungen ist davon auszugehen, dass die Zahlungsunfähigkeit schon seit 2013 bestanden hat. Der Geschäftsführer hat in den Wochen vor Anordnung der vorl. Verwaltung eine Planung von sog. Insolvenzspezialisten für insgesamt 40.000 € fertigen lassen, die als Grundlage und Rechtfertigung dafür dienen sollte, eine vollständige Produktionslinie für 2,8 Mio € zu veräußern. Mit der Veräußerung der Produktionslinie, die jetzt gestoppt ist, wären Produktionskapazitäten weggefallen, mit denen die Schuldnerin in der Vergangenheit Umsätze in Höhe von 25 % aller Umsätze generierte. In dieser Planung wird angenommen, dass obwohl die Umsätze im März 2014 nur 1.056 Mio € betrugen, die Umsätze im Mai 2014 und Juni 2014 auf 2,4 Mio € bzw 2,6 Mio € hätten steigen sollen. Der Insolvenzverwalter hat diese Planungen den Abteilungsleitern im Unternehmen präsentiert. Siemon dazu: „ Die Mitarbeiter der zweiten Ebene haben fassungslos und mit Kopfschütteln reagiert.“ Siemon weiter: „ Wir müssen davon ausgehen, dass keine einzige der im Unternehmen vorgefundenen Planzahlen die tatsächliche Situation realistisch wiedergibt. Die Sanierungschancen sind dadurch stark beeinträchtigt.“
Die Mitarbeiter des Unternehmens wurden in einer Betriebsversammlung über den Verfahrensstand unterrichtet. Siemon dazu: „ Die Mitarbeiter stehen aufopferungsvoll zu ihrem Unternehmen und dies obwohl sie seit fast drei Monaten kein Geld bekommen haben. Das ist sehr beachtenswert.“ Zu den Sanierungschancen berichtet Siemon : „ Es gibt auch Positives. Es gibt Interessenten und die Kunden stehen zu ihren Aufträgen. Es hat keine Auftragskündigungen gegeben.“ Zur Fortführung des Unternehmens sagt Siemon: „ Es muss uns gelingen, den Geschäftsbetrieb fortzuführen. Dafür ist Unterstützung erforderlich; insbesondere wird ein Massekredit benötigt. Die Investorensuche hat begonnen.“ Der vorl. Insolvenzverwalter verweist darauf, dass sämtliche relevanten Sachverhalte akribisch aufgeklärt werden. Siemon dazu: „ Wir haben notwendige Sicherungsmaßnahmen durchgeführt und werden das aufarbeiten. So haben wir bereits festgestellt, dass es offene, nicht bezahlte Forderungen der TGI gegen verbundene Unternehmen im Umkreis des Geschäftsführers gibt, wonach die TGI ca. 1,6 Mio € zu bekommen hat; Geld das bitter benötigt wird, aber fehlt. Wir können hier nur den Zivilrechtsweg beschreiten, auch wenn Gefahr im Verzug ist.“
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