PASCHEN begrüßt Reformgesetz zur Insolvenzanfechtung
Die jahrelange Überzeugungsarbeit hat sich wohl gelohnt: Das seit Jahren von der Wirtschaft so dringend eingeforderte Reformgesetz wurde am 16. Februar 2017 mit den Stimmen sämtlicher im Bundestag vertretener Parteien bei Enthaltung der Linksfraktion beschlossen.
In dem Gesetzgebungsverfahren kam es zuletzt aufgrund
heftiger Kritik wegen der befürchteten Einführung eines Fiskusprivilegs durch
die Hintertür zu massiven Verzögerungen. Insgesamt ein Jahr dauerten die
Diskussionen um die mit der Reform zugleich vorgesehene Änderung des §131 InsO.
Erfreulicherweise setzten sich die Reformgegner nicht durch, die zuletzt ihre
Chance gewittert und vorgeschlagen hatten, die Rechtslage dann lieber
unverändert beizubehalten.
Der nun zwischen den Vertretern der Ministerien erreichte Kompromiss verzichtet komplett auf eine Änderung der Anfechtungsregeln im Zusammenhang mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, wie sie in § 131 InsO geregelt sind. Umgesetzt worden sind hingegen fast alle Forderungen aus der Wirtschaft:
- Der Anfechtungszeitraum für Deckungshandlungen (Bezahlung von erbrachten Lieferungen und Leistungen) wurde von zehn auf vier Jahre reduziert.
- In diesen Fällen wird hinsichtlich der Kenntnis nicht mehr an die „drohende“, sondern an die „eingetretene“ Zahlungsunfähigkeit angeknüpft, wenn eine sogenannte kongruente Deckung vorlag. Dies ist der Fall, wenn die Art und Weise der Zahlung den ursprünglich getroffenen Vereinbarungen entsprach.
- Wenn der Gläubiger dem Schuldner Zahlungserleichterungen bzw. Zahlungsaufschub gewährt hat, wird vermutet, dass er eine etwaige Zahlungsunfähigkeit nicht kannte – der Insolvenzverwalter muss in diesen Fällen den (Gegen-)Beweis führen, dass der Gläubiger doch hiervon Kenntnis hatte.
- Bargeschäfte sind nur noch anfechtbar, wenn der Gläubiger erkannt hat, dass sein Schuldner unlauter gehandelt hat.
- Für Arbeitsentgelte wurde der Zeitraum für das Vorliegen von Bargeschäften auf bis zu drei Monate festgeschrieben.
- Anfechtungsansprüche werden nur noch ab Verzugseintritt (nicht beginnend ab Insolvenzeröffnung) verzinst.
Wenn die Reform auch noch ihre allerletzte Hürde im Bundesrat genommen hat, ist auf eine durchgreifende Verbesserung der Stimmungslage bei betroffenen Gläubigern zu hoffen. PASCHEN teilt nicht die (zweck-)pessimistischen Prognosen der Reformgegner. Insbesondere gehen wir davon aus, dass die Regelung zur Vermutungswirkung bei der Vereinbarung von Zahlungserleichterungen in der Praxis genau in den Fällen hilfreich sein wird, die Ursache für die massive Kritik an der bisherigen Handhabung durch die Gerichte waren. Wer einer Zahlungserleichterung zustimmt, geht schon nach aller praktischen Lebenserfahrung davon aus, dass nur eine Zahlungsstockung vorliegt, die jedenfalls mit der Adaption der Zahlungsbedingungen an eine unvorhergesehene Änderung der finanziellen Verhältnisse seines Schuldners behoben ist. Ebenfalls sehr zu begrüßen und in der Wirkung nicht zu unterschätzen sind die vorgesehenen Privilegierungen von Deckungsgeschäften hinsichtlich der Gläubigerkenntnis und die Deckelung des Anfechtungszeitraums auf vier Jahre. Auch wenn sich die Wirtschaft mit ihrer Forderung einer Reduzierung auf zwei Jahre nicht durchsetzen konnte und sich tatsächlich nur ein überschaubarer Teil von Anfechtungen auf einen früheren Zeitpunkt bezieht, ist die psychologische Wirkung der neuen Regelung für das beschädigte Geschäftsklima nicht zu unterschätzen.
Wir blicken gespannt auf die Entscheidung des Bundesrats am 10. März 2017 und hoffen darauf, dass die von uns zahlreich vertretenen Gläubiger schon bald von den neuen Regelungen profitieren können.
Über PASCHEN Rechtsanwälte
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